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Freitag, 19. Februar 2010

Von der Hölle ins Paradies

Um von "Máncora" ganz im Norden von Peru nach Ecuador zu gelangen gab's zwei verschiedene Routen. Die eigentlich kürzere Route hätte uns in kürzester Zeit in das nördliche Nachbarland gebracht. Da wir aber einen Abstecher nach "Vilcabamba" etwas weiter östlich ins Auge gefasst hatten, blieb uns nichts anderes übrig, als erst einige Stunden Richtung Süden zu rumpeln, bevor der eigentlich angepeilte Nordkurs endlich angesteuert werden konnte.
In einem Reisebüro in "Máncora" hatten wir ein Busticket erstanden und beinahe pünktlich wurden wir auch an der Haltestelle abgeholt. Hätten wir gewusst, was uns auf der zweiten Etappe unserer Reise nach Ecuador noch erwartet, wir hätten diesen ersten Teil entschieden mehr genossen und uns nicht über die fehlende Klimaanlage Gedanken gemacht, sondern einfach dankbar aufgrund der Hitze vor uns hingeschwitzt.

Auf dem zweiten Teil der Grenzquerungsreise war der Grund für schweissdurchtränkte Achselhöhlen ganz ein anderer als die etwas erhöhte Temperatur der Umgebungsluft im Bus... Man hatte uns in einem Kaff einige Stunden südlich von "Máncora" mit dem Hinweis auf den Bus nach "Loja" zu warten quasi aus dem Bus gescheucht. Die Reservation für die Weiterfahrt nach "Loja" war sogar in unserem Namen getätigt worden und wir konnten ohne unsere Improvisationskünste zu strapazieren nach gut eineinhalb Stunden Wartezeit in den weiterführenden Bus einsteigen.
Der Bus war nicht einmal bis zur Hälfte besetzt und daher auch nicht voll beladen (sprich: mehr PS pro Kilogramm Ladung). Diese Tatsache und der um diese Tages- oder besser Nachtzeit beinahe nicht vorhandene Verkehr schienen unseren überaus talentierten Buschauffeur zu ungeahnten Höchstleistungen in den Bereichen Kurventechnik, Beschleunigungs- und Bremsdynamik anzuspornen (Michael Schumacher hätte es nicht besser machen können :-)). Wer hätte gedacht, dass die Räder eines tonnenschweren Autobusses keinen Quietscher von sich geben, wenn das Gefährt mit 80 Sachen in eine scharfe Kurve manövriert wird. Ausserdem war es doch sehr überraschend, dass sich dieses Ungetüm in eben diesen Kurven nur kaum merklich zur Seite neigte. Man wurde das Gefühl nicht los, dass diesem Bus entweder ein Sportfahrwerk spendiert worden war oder dass dessen Federung derart "durchgeritten" war, dass sie selbst unter Extrembelastung in Höchstgeschwindigkeitskurven keinen Millimeter nachgab (anhand der peruanischen Fahrzeugunterhaltskünste muss wohl eher von letzterem ausgegangen werden ;-)). Auf jeden Fall war diese Tatsache und nicht der bevorstehende Grenzübertritt oder das tropische Klima im Innenraum des Busses für den Grossteil der Schweissperlen auf unserer Stirn verantwortlich.

Der Grenzübertritt selbst war ein Zuckerschlecken. Auf der peruanischen Seite gab's den Ausreisestempel und News, dass in "Machu Picchu" Sintflut herrsche und 1500 Touristen in "Aguas Calientes" festsitzen würden. Da hatten wir ja nochmal Glück gehabt, waren wir doch gerade mal eine Woche vorher noch auf den Ruinen rumgekraxelt.
Nach südamerikanischem Quasi-Standard war nach dem Einsammeln des Ausreisestempels ein kurzer Fussmarsch über die nationentrennende Brücke nötig um auf der ecuadorianischen Seite den ebenfalls standardmässigen Einwanderungszettel mit Buchstaben vollzukritzeln und den Farbklecks für den zeitlich begrenzten Aufenthalt im Land in den Pass gedrückt zu bekommen.

Nach dieser kurzen Verschnaufpause ging's in halsbrecherischem Tempo auf den ecuadorianischen Überlandstrassen weiter Richtung "Loja". Unserem Nachwuchs-Schumi dürfen wir allerdings nicht vorwerfen nicht ökonomisch unterwegs gewesen zu sein. Zum Einen achtete der Lenkradakrobat darauf, in Abfahrten die Schwerkraft auszunutzen und Treibstoff zu sparen, indem er unser Geschoss im Leerlauf um die Haarnadelkurven schlenzte und zum Anderen hatte er schon durch die Zeitersparnis seiner Schussfahrt einige Liter Sprit vor dem Verbrennungstod retten können. Dank seinem Bleifuss standen wir also bereits nach 4,5h anstatt erst nach 6h mit schlotternden Knien am Busterminal von "Loja" und waren heilfroh, dass wir diese Beschleunigungsorgie überstanden hatten.

Die Busfahrt von "Loja" nach "Vilcabamba" im Anschluss war dann wieder etwas leichter verdaulich, wäre allerdings beinahe bereits vor der halben Distanz zu Ende gewesen. Ein anderer Bus hatte anscheinend durch einen Unfall einige Stromleitungen heruntergerissen und so die Strasse blockiert. Der Fahrer oder sein Gehilfe seien betrunken gewesen, wurde uns später in "Vilcabamba" erzählt. Diese Aussage liess unser ja bereits etwas angeknacktes Vertrauen in die ecuadorianischen Transportunternehmen noch etwas weiter sinken...
Nach einigen Minuten Wartezeit war aber die Strasse wieder passierbar und wir auf dem Weg ins "Tal der Hundertjährigen".

Wir hatten von einem schweizer Päärchen, dass wir in Chile in "La Serena" getroffen hatten, die Adresse eines empfehlenswerten Hostels in "Vilcabamba" erhalten und machten uns also per Taxi zusammen mit einem argentinischen Päärchen, dass mit uns den Hochgeschwindigkeitstripp über die Grenze mitgemacht hatte, auf dieses Hostel zu suchen. Was wir nach der kurzen Taxifahrt fanden, war weniger ein Hostel, als viel mehr eine Wellness-Oase mit atemberaubender Aussicht auf das wunderschöne Tal von "Vilcabamba"!
Nach einigem Suchen im Reservationskalender, fand sich sogar noch ein Zimmer bzw. eine Cabaña für die nächsten paar Tage für uns.

Die Cabaña mit Balkon, Hängematte und Knaller-Aussicht hatte nur einen kleinen Hacken. Neben uns zweibeinigen Temporärbewohnern hatten sich auch einige achtbeinige Spinnenviecher in den Gebälken der Hütte eingenistet, nicht unbedingt jedermanns/-fraus Sache... Allerdings längstens wettgemacht durch das äusserst leckere Morgenessen, Tischtennis- und Billardtisch, Poolanlage, die Möglichkeit von Massagen und ein eigenes Wanderwegnetz durch das halbe Tal. Die "Hostería Izcayluma" war also der perfekte Ort um etwas auszuspannen und trotzdem etwas Bewegung zu kriegen.

Das Tal von "Vilcabamba" ist dafür bekannt, dass die Bewohner hier sehr alt werden. Die wunderschöne Umgebung und die sehr relaxte Lebensart der Bewohner liessen keinen Zweifel daran aufkommen, woran das wohl liegen könnte.
Dank der esoterisch angehauchten Gesundheits-Atmosphäre unserer Unterkunft waren die Horrorerlebnisse der Hinfahrt schnell vergessen. Die durch diesen Stress verlorenen Lebensjahre konnten wir dadurch hoffentlich wieder wett machen :-)...
An die mitunter recht ulkig gekleideten körnchen-pickenden pseudo Yoga-Gurus, die sich verrenkenden Beinpelz- und Achselhaarträgerinen, Neo-Hippies und klischeehaft vollschlanken Amitussen mit ihren Vollblutmakern, die uns beim ersten Morgenessen noch etwas komisch vorgekommen waren, hatten wir uns auch bereits nach Kurzem gewöhnt. Mit unseren peruanischen Billigst-Schlabberhosen konnten wir uns auch modisch recht gut integrieren ;-).

Wie bei Adam und Eva konnte aber auch bei uns der Aufenthalt im Paradies nicht ewig dauern. Nachdem wir zwei Wanderrouten, wetter- und mittlerweile auch konditionsbedingt die kürzesten :-), abmarschiert waren, der Rücken vom Faulenzen in der Hängematte bereits zu schmerzen begann und unsere mitgebrachten Bücher bereits bis gefährlich nahe ans Ende durchgelesen waren, war der Zeitpunkt für die Weiterreise gekommen (mal abgesehen davon, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt auch gar kein Zimmer mehr frei war ;-)).

"Cuenca" mit seinen Kolonialhäusern war im LP als Alternative für die Altstadt von "Quito" angepriesen worden. Da wir uns nicht bis nach "Quito" im Norden von Ecuador vorarbeiten wollten, kam uns diese Alternative gerade recht und wir machten uns auf den Weg...

Die Busfahrt nach "Cuenca" war etwas weniger spektakulär als der letzte Höllenritt. Vermutlich lag dies allerdings nicht am Fahrer, der hätte sein Gefährt wohl nur zu gerne bis an die Grenzen der Belastbarkeit geführt, sondern viel mehr am Verkehr. Genau aus diesem Grund hatten wir uns geschworen, nur noch tagsüber mit Bussen zu reisen.
"Cuenca" konnte unseren, durch LP geschürten, hohen Erwartungen bei weitem nicht gerecht werden. Die im Reiseführer beschriebenen wunderschönen Kolonialhäuser am Flussufer waren anscheinend seit dem Erscheinen des Buches entweder abgerissen oder versteckt worden. Oder aber der Autor des Reiseführers war in einer anderen Stadt mit dem gleichen Namen unterwegs gewesen... Für uns war's schlichtweg nicht möglich diese Bauten ausfindig zu machen. Ausserdem schienen auch die sonst immer sehr gepflegten Kirchen hier in "Cuenca" aus der Ferne immer besser auszusehen als aus kamerafreundlicher Distanz. Aus diesen Gründen wurde "Cuenca", trotz der leckeren Torten in den Bäckereien und den unzähligen Läden zum kurzen Zwischenhalt degradiert. Die Strände der ecuadorianischen Küste sollten unser nächstes ernsthaftes Ziel werden.

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