Letzte News

Mittwoch, 18. November 2009

Mendoza, Visa, Santiago und David Copperfield

Nachdem die Kälte in "Bariloche" unseren Bewegungstrieb und auch die Neugier auf die Stadt etwas gebremst hatten, zeigte nun in "Mendoza" das Thermometer zwar wieder "bewegungsfreundlichere" Werte zwischen 25 und 30 Grad, aber unsere Trägheit fand vorerst trotzdem kein Ende. Jetzt waren gesundheitliche Gründe dafür verantwortlich, dass wir nicht auf Touren kamen.
Nachdem wir den (zugegebenermassen dreisten) Versuch unternommen hatten die 2 Kilometer zwischen dem Busterminal und unserer Unterkunft per Pedes hinter uns zu bringen, befand einer unserer beiden Rücken nach einer heftigen Hustattacke (wir waren noch von den arktischen Temperaturen gezeichnet ;-)) es sei genug, was sich in quälenden Kreuzschmerzen manifestierte.

Hexenschuss lässt bekanntlich nicht mit sich spassen, daher mussten wir unser Aktivitätenprogramm entsprechend etwas anpassen, bis sich der Knoten im betroffenen Rückgrat wieder löste. Dank Schonprogramm, Tigerbalsam und schmerzkillenden Tabletten in hohen Dosen, war die zwischenzeitliche Bewegungseinschränkung glücklicherweise nach einigen Tagen ausgestanden. Jetzt konnte also das zuvor rekognoszierte Terrain auch vom zweiten Teil unserer Reisegruppe inspiziert werden.

"Mendoza" mit seinen breiten Strassen und zahlreichen Plätzen (laut unserem Reiseführer von den Stadtplanern seit dem letzten Erdbeben als Fluchtraum für die Bevölkerung bei zu erwartenden erneuten Wacklern eingerichtet) bot für unseren etwas verlangsamten Bewegungsrhytmus und den eingeschränkten Bewegungsspielraum genügend Platz für zwischenzeitliche Erholungstimeouts auf diversen Parkbänken (Sportler sollen sich während und nach erfolgter Genesung ja auch nicht gleich wieder mit Intensivtrainings übertun :-)).
Der eigentlich geplante Weinbergausflug per Fahrrad (mit Degustationen natürlich) fiel dem Rotstift zum Opfer, dafür wurde das Naherholungsgebiet am Stadtrand entsprechend häufiger besucht. Sich in den Schatten legen und mit dem bereits liebgewonnenen "Lonely-Planet"-Reiseführer die bereits geplante Reiseroute wieder und wieder abändern kann auch eine sehr befriedigende Beschäftigung sein ;-).

Damit der ortsansässigen Weinindustrie und unseren Gaumen trotz der verpassten Weintour doch noch etwas Gutes getan werden konnte, und da wir in unserem Hotel keinen Zugang zur Küche hatten, mussten wir uns wohl oder übel für Speis und Trank an die zahlreichen Restaurants vor Ort wenden. Da durften dann auch die für die Region so bekannten "Malbec"-Weine auf Herz und Nieren geprüft werden. Sehr passend zum einen oder anderen "Bife de Lomo". Das argentinische Fleisch mussten wir noch geniessen, denn anschliessend sollte uns unser Weg über die Anden nach Chile führen. Aber dazu später mehr...

Erstmal sollte der Kopfschmuck den angehobenen Temperaturen angepasst werden. Gar nicht so einfach einen Friseur zu finden... Die überaus freundliche Dame an der Reception unseres Hotels (Einstern-Hotels sind in "Mendoza" günstiger als Hostels und vermutlich um einiges sauberer und ordentlicher) wusste Rat. Häufig ist ja guter Rat teuer, in diesem Fall war das aber ganz und gar nicht so! Der Figaro verlangte nach kurzem und schmerzlosem Einsatz seiner Schermaschine lediglich 10 Pesos (also knapp 2 Franken 50)! Klar man könnte jetzt monieren, dass für einen "Coupe Steppenbrand" (Kurzhaarschnitt mit der Maschine ;-)) auch nicht mehr zu verlangen sei, aber das war der Preis für egal welchen Männerhaarschnitt (Frauen hätten übrigens auch nur 15 Pesos bezahlt)!!
Ok, die schlechte Bezahlung könnte auch der Grund für die doch recht eigenwilligen Haarkreationen der argentinischen Männerwelt sein :-)...

Wenn man bedenkt, dass ein knapp 15-minütiger Anruf in die Schweiz, zwecks Bereinigung eines nicht vorhandenen Problems mit der Visa-Karte, mehr kostet als ein Haarschnitt, erstaunt es nicht, dass zwar alle 20 Meter ein "Locutorio" (Laden zum Telefonieren) steht, aber kaum je ein Friseurladen zu finden ist.

Zu viel Zeit für Routenplanung führt häufig dazu, dass neue Alternativrouten zusammengestellt werden. Genau aus diesem Grund hatte auch die bereits vor der Abreise begrabene Idee mit dem Ausflug auf die "Osterinseln" neuen Zündstoff erhalten. Ursprünglich als zu teuer abgetan, erschien auf einmal die Möglichkeit die polynesische Inselgruppe mit ihren mysteriösen Steinköpfen zu erkunden als sehr interessant.
Also flugs Flüge gebucht, getreu dem Slogan "Visa, die Freiheit nehm' ich mir!". Im Internet per Kreditkarte bezahlen kann aber durchaus seine Tücken haben, wie wir herausfinden durften. Dank der zusätzlichen Sicherheitschecks der kartenausgebenden Bank (UBS in unserem Fall) schien der Bezahlvorgang schiefgelaufen zu sein. Auf jeden Fall erhielten wir von der Fluggesellschaft ein Mail mit der Aufforderung die missglückte Zahlung bis in wenigen Tagen per Internet, Hotline oder direkt im Büro in Santiago de Chile nachzuholen, da sonst die Reservation verfallen würde.
Der erneute Anruf im Cardcenter der Visa ergab denselben Befund wie beim letzten Mal, mit der Karte sei alles in Ordnung. Da fragt sich der Plastikgeld-Benutzer natürlich wo da der Hund begraben liegt, wenn mit einer intakten Karte kein Geld ausgegeben werden kann.
Da der Link zur Bezahlung des Fluges per Internet natürlich auch nicht funktionierte und die angegebene Hotlinenummer sich lediglich mit einer unverständlichen, spanischen Mailboxstimme meldete, blieb uns nichts anderes übrig als bei unserer Ankunft in "Santiago de Chile" das Büro der Fluggesellschaft aufzusuchen.
Die, zwar durch ein laufendes Telefonat abgelenkte, aber ansonsten sehr freundliche Dame in besagtem Büro machte uns dann darauf aufmerksam, dass die Bezahlung ja bereits erfolgt sei. Im Glauben etwas falsch verstanden zu haben mussten wir erst zweimal nachfragen, bis wir diese Nachricht richtig einordnen konnten. Anstatt also unseren Flug zu bezahlen, fanden wir uns mit der Aufgabe konfrontiert unsere Sitzplätze im Flugzeug auszusuchen.
Dies zu meistern war allerdings nicht annähernd so schwierig wie nachher eine passende Bleibe auf der Insel zu organisieren...

Die Empfehlungen von LP (Lonely-Planet) waren uns bisher bei der Organisation reisebudgetschonender Unterkünfte immer sehr behilflich gewesen, daher schenkten wir auch dieses Mal LP unser Vertrauen.
Im "Locutorio" gleich um die Ecke wurde schliesslich die Herausforderung telefonischer Unterkunftsreservation in Angriff genommen. Allerdings blieb das Erfolgserlebnis lange Zeit aus. Die Dame an der Kasse des Ladens muss sich wohl ihre Sache gedacht haben, wenn wir zum wiederholten Mal ohne einen erfolgreichen Anrufaufbau und daher ohne einen Peso abzudrücken aus dem Laden schlichen. Ausser Besetzt-Zeichen und nicht enden wollendem Rufton war nichts aus dem Hörer zu vernehmen. Unterwasserkabel mussten gerissen, Satellitenverbindungen unterbrochen und somit die "Osterinseln" von der Umwelt abgeschnitten sein!!!
Doch weit gefehlt, das Problem war viel einfacherer Natur... Unser lieb gewonnener LP (Lonely-Planet) hatte lediglich die Telefonnummernumstellung vor zwei Jahren nicht mitbekommen, da er mit Jahrgang 2007 knapp an der Altersgrenze scheiterte.
Der Typ in einem anderen "Locutorio" hatte die glorreiche Idee gehabt, unsere gewünschte Rufnummer durch den Compi zu schicken und hatte auch gleich die fehlende 2 ausfindig gemacht.
Mit den sieben richtigen Zahlen, lachte uns dann das Glück und bereits nach dem ersten Rufton konnte die Reservation abgewickelt werden.

Was bis hierhin noch fehlt ist die ganze Geschichte mit der Einreise nach "Chile" und der überaus "magischen" Ankunft in "Santiago".
Die siebenstündige, oder in unserem Fall achtstündige, Fahrt von "Mendoza" nach "Santiago de Chile" führt bekanntermassen über die Andenkette. Rein distanzmässig würde man annehmen, dass sieben Stunden sehr, sehr konservativ ausgelegt seien und auf jeden Fall ausreichen sollten um diesen Katzensprung hinter sich zu bringen. Die Tücke liegt aber im Detail, sprich beim Grenzübergang auf 3000 Metern über Meer. Die doch schon recht dünne Luft scheint die chilenischen Grenzbeamten etwas mehr zu behindern, als die einreisewilligen Bustouristen. Anders lässt sich nicht erklären, wie man für die Abfertigung einer Busladung Leute 1,5 Stunden vergehen lassen kann (die einstündige Wartezeit vorher nicht eingerechnet!).
Auf den ersten Blick scheint es dann auch etwas lächerlich, dass es die Grenzbeamten mit ihren Röntgenscannern hauptsächlich auf "geschmuggelte" Äpfel und Birnen abgesehen haben (oder auch andere planzliche und tierische Produkte).
Natürlich versuchen die Chilenen damit lediglich ihre Landwirtschaft vor bei ihnen unbekannten Seuchen und Krankheiten zu schützen.
Das obligate touristenverwirrende Einreiseformular durfte natürlich auch hier nicht fehlen. Allerdings waren die Chilenen weniger an den mitgebrachten Mobiltelefonen interessiert (wie das die Argentinier sind), als viel mehr, wie bereits erwähnt, an Äpfeln und Birnen. Andere Länder, andere Sitten...

Dank der äusserst ineffizienten Hochgebirgs-Apfeljäger waren wir also knapp eine Stunde verspätet in "Santiago" angekommen. Nach kurzen Problemen am Geldautomaten (aha, ausländische Karte im Menu auswählen, bevor Geld ausgespuckt wird) empfing uns bereits ein äusserst freundlicher Herr und geleitete uns zu seinem Taxi. Ganz Touristenführer zeigte er uns auf der Fahrt zum Hostel gleich einige Sehenswürdigkeiten der Stadt und rief uns einige Sicherheitstipps im Umgang mit dem Rucksack in einer Grossstadt ins Gedächtnis zurück. Das Taxameter leuchtete uns 7'500 Pesos entgegen, also knapp 15 Franken, was für eine Fahrt dieser Länge durchaus Ok scheint.
Beim Bezahlen machte unser netter Taxifahrer dann allerdings Gebrauch von etwas weniger netten Taschenspielertricks. Dieses Mal ganz "David Copperfield" zauberte er aus dem eben erhaltenen 20'000 Pesos-Schein mit einem kurzen Huster einen 1'000 Pesos-Fetzen und forderte von uns die angeblich fehlenden 6'500 Pesos ein.
Plötzlich wollte der vorher wenigstens gebrochen Englisch sprechende Herr dieser Sprache nicht mehr mächtig sein und unser Spanisch war noch nicht krisengeprüft genug, daher gelang es uns nicht diesen Halunken von seinem "Irrtum" zu überzeugen. Da hätte wohl nur noch rohe Gewalt gewirkt. Als neutralitätsgewohnte Schweizer sind wir leider in der Anwendung martialischer Kampfkünste eher unterbelichtet, also entwischte uns "David" ohne blaue Flecken, dafür mit einem schönen Trinkgeld im Sack.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen