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Samstag, 30. Januar 2010

Lehmziegel bis zum Abwinken

Der 23-stündigen Busfahrt von "Cusco" nach "Lima" konnten wir nicht viel motivierendes abgewinnen. Da unsere Reisekasse einen finanziellen Zustupf in Form von Weihnachtsgeschenken erhalten hatte, war daher der Fall klar und der Flieger im Handumdrehen gebucht. Mit "StarPeru" sollte also die ellenlange Busreise durch einen gerade mal anderthalb stündigen Flug ersetzt werden. Nachdem zweimal unser Gepäck von einem Sicherheitsheini per Hand nach allerlei gefährlichen Dingen, wie Sprengstoff und dergleichen abgesucht worden war (wir hatten uns erst in die falsche Warteschlange gestellt und das erst am Schalter selber mitgeteilt bekommen...), der Typ hatte auch tatsächlich an unserem, in eine Cola-Flasche umgefüllten, Magen-Desinfektions-Rum etwas auszusetzten und diesen auch prompt beschlagnahmt, ging's dann ab in den Flieger.

Eine sehr kurze Reise später "Touch-Down" in "Lima". Wie bereits gewohnt wurden wir gleich beim Verlassen des Gates durch einen offiziellen Taxifahrer abgefangen. Die nicht ganz günstige Fahrt ins Zentrum der Stadt beinhaltete neben der eigentlichen Fahrt auch die Organisation eines Hotelzimmers und einen kurzen Zwischenhalt am Busterminal für den Kauf der Tickets für die Weiterreise am nächsten Tag und war daher den finanziellen Aufwand wert gewesen.

Das ausgesuchte Hotelzimmer war zwar preislich eher am oberen Limit (zumindest für peruanische Verhältnisse), aber dafür waren seine Ausmasse und die Masse des Bettes rekordverdächtig! Neben dieser Lustwiese hätte selbst ein King-Size-Bett lächerlich klein gewirkt :-)...

Uns blieb noch der restliche Nachmittag um der Innenstadt "Lima's" einen kurzen Besuch abzustatten und die wichtigsten Sehenswürdikeiten auf Speicherkarte zu bannen, bevor's früh in die Federn ging, da am nächsten Morgen der Bus bereits um acht Uhr das Terminal verlassen sollte.

Die gut 8-stündige Fahrt durch die wüstenähnliche Landschaft entlang der peruanischen Nordküste war nicht sonderlich aufregend gewesen, wir hatten also bis zur Ankunft in "Trujillo" nicht eben viel erlebt gehabt. Das einzig interessante war die Tatsache, dass die Security-Leute vor der Abfahrt in "Lima" per Videokamera die Reisegäste dokumentiert hatten. Eine Massnahme die bei uns Fahrgästen einen etwas zwiespältigen Eindruck in Punkto Sicherheit hinterliess, denn sollte diese Aufnahme wohl im Falle eines Unfalles als Identifikationsdokument dienen?!?!

Unser Reiseziel hatten wir mit der Ankunft in "Trujillo" noch nicht ganz erreicht, wir wollten noch ins einige Kilometer entfernte "Fischer"-Dorf "Huanchaco". Kein Problem, da natürlich bereits wieder ein Fahrer eines offiziellen Taxis am Busterminal bereitstand um uns abzufangen. Auch er hatte bereits eine Idee, wo er uns unterbringen könnte. Das erste vorgeschlagene Hotel war uns mit 150 Nuevos Soles (ca. 50.- Franken) zu teuer, also liessen wir uns im zweiten nieder, für 157 Nuevos Soles notabene :-). Für diesen Preis gab's allerdings einen eigenen Balkon mit Blick auf den hoteleigenen Pool. Ausserdem war die Anlage beinahe niegelnagel neu und mit Töggelikasten, Billard- und Tischtennistisch ausgestattet. Dass die Spieler beim Töggelikasten falsch montiert, die Billardkugeln erstens für die Löcher des Tisches tendenziell eher zu gross und farbmässig unvollständig und die vorhandenen Ping-Pong-Bälle alle defekt waren fanden wir erst etwas später heraus ;-).

Auch etwas später fanden wir heraus, dass uns der Taxifahrer über's Ohr gehauen hatte, denn eine Fahrt von "Trujillo" nach "Huanchaco" hätte eigentlich anstatt der 30 Soles (gut 10 Franken) nur die Hälfte kosten sollen. Auch die Offiziellen wirtschaften mal primär für die eigene Brieftasche... Als wir das herausgefunden hatten, hatten wir mit ihm auch bereits den nachfolgend beschriebenen Ausflug zu den verschiedenen Präinkastätten rund um "Trujillo" durchgeführt gehabt.

"Chan Chan", "Huaca Arco Iris", "Huaca Esmeralda" und "Huaca del Sol y de la Luna" waren die Stationen unseres Archäologie-Ausflugs mit Pepe unserem schlitzohrigen Taxifahrer. Auf dieser halbtägigen Geschichtslektion über die Präinkakulturen der "Chimú" und der "Moche" mit dem Untertitel "Lehmziegelsteine wohin das Auge reicht" wurden wir von Pepe geduldig von Ort zu Ort kutschiert (seine Geduld war natürlich monetär erkauft worden, klaro).

"Chan Chan", die riesige "Chimú"-Stadt sollte der erste Stopp auf unserer Tour sein. Der riesige Lehmziegelkomplex besteht aus neun königlichen Tempeln. Aufgrund der schieren Grösse der Anlage und der Anzahl der vorhandenen Ruinen konnte hier erst einer dieser königlichen Paläste, der "Tschudi"-Komplex, untersucht und restauriert werden (aha Tschudi, die "Chimú" mussten also von den Schweizern abstammen ;-)). Per privatem Führer ging's also durch dieses gigantische Bauwerk. Die bis zu 25 Meter hohen Wände mit ihren Verzierungen aus allerlei Getier, wie Pelikanen, Eichhörnchen, Fischen, usw., mit Wellen und Monden, werden von gegenwärtig mehr als 500 Mitarbeitern vor dem Zerfall gerettet. Wobei die ursprünglichen Mauern um einiges stabiler sind als die restauerierten Teile, die bereits nach wenigen Jahren vom Regen zerfressen und erneuert werden müssen.
Die "Chimú" hatten ihre Gebäude mit einer Technik erdbebensicher gemacht, die später die Inka von ihnen abkupferten. Die Mauern halten Erdbeben bis zu einer Stärke von 7.0 stand, unglaublich! Leider waren alle Schätze der Stadt von den Inka und später von den gierigen Spaniern geplündert worden, daher gab's ausser den beeindruckenden, verzierten Lehmziegel-Wänden nichts mehr zu sehen. Das war trotzdem eine äusserst interessante Führung und das Trinkgeld für den Guide allemal wert!

Die "Chimú"-Lehmziegeltempel "Huaca Arco Iris" und "Huaca Esmeralda" waren nach der gigantischen Stadt schon beinahe etwa enttäuschend. Beeinduckend nur, dass diese Bauwerke innerhalb der Stadt "Trujillo" so gut erhalten geblieben sind. Beinahe interessanter waren da die peruanischen haarlosen Hunde, die hier herumspazierten. Kaum zu glauben, dass sich früher die Leute diese hässlichen Tiere, ihrer erhöhten Körpertemperatur wegen, zur Behandlung von Arthritis als Körperwärmer an die schmerzenden Glieder gedrückt haben, igitt, igitt :-)...

Von der "Huaca del Sol", dem absolut gigantischen "Moche"-Tempel gab's leider nur eine Aussenansicht. Bisher hat sich noch kein Geld gefunden, womit sich die archäologische Behandlung dieser schätzungsweise 140 Millionen Lehmziegelsteine hätte bezahlen lassen können.
Stattdessen wurden Ausgrabungen an der etwas kleineren Pyramide "Huaca de la Luna" vorgenommen. Dank dem Brauch der "Moche" ihre alten Tempel durch die neuen Tempel zu "begraben", konnten die Archäologen die mehrfarbigen Verzierungen beinahe perfekt erhalten ausgraben. Auch hier sind immer noch dutzende Leute mit weiteren Ausgrabungen beschäftigt. Überaus beeindruckend, was da bereits hunderte von Jahren vor den Inkas für architektonische Meisterleistungen vollbracht worden sind.
Anhand dieses überaus reichen architektonischen Wissens, dass in Peru ohne Zweifel vorhanden gewesen sein muss, erstaunt es umso mehr, dass die Peruaner heutzutage mehrheitlich nur noch wüste, wacklige Bruchbuden zustande bringen...

Nachdem bei unserer Ankunft am Sonntag "Huanchaco's" Strandpromenade noch brechend voll gewesen war und der Hochsaison alle Ehre gemacht hatte, war an den nachfolgenden Tagen beinahe Ruhe eingekehrt und der Strand in der Nähe unseres Hotels schon fast menschenleer.
Die zahlreichen Surfer mussten sich die Wellen mit den Fischern auf ihren "Caballitos de Totora" (Schilfpferdchen, zigarrenförmige Boote aus Schilf) teilen. Da wollten wir uns als Anfänger nicht auch noch dazwischen quetschen und verschoben unser geplantes Surfabenteuer auf einen späteren Küstenstopp.

Im äusserst leckeren und zudem noch ausgesprochen günstigen Restaurant unseres Hotels machten wir eines Abends die Bekanntschaft mit "Carlos". Dieser geschwätzige, bereits etwas angetrunkene Peruaner war der festen Überzeugung er müsse seine missionarischen Qualitäten an uns testen und uns zu einer "Beziehung zu Gott", wie er es nannte, verhelfen. Stunden nachdem er sich zu uns an den Tisch gesetzt und einige weitere Biere den Weg in Richtung seiner Blase angetreten hatten, schien er mit unseren mit gespielter Anerkennung nickenden Köpfen und seiner Mission zufrieden zu sein und mache sich endlich auf den Weg in sein Quartier. Wäre er nicht dauernd wieder zu seinen Gotteserscheinungen abgeschweift, wir hätten noch viel mehr von seinen ansonsten sehr interessanten Geschichten erfahren, denn Carlos schien einiges erlebt gehabt zu haben.

Nach einigen Tagen wurde uns das kleine "Huanchaco" dann doch etwas zu eintönig und wir traten die Weiterreise Richtung Norden an. "Máncora" sollte unser nächster Stopp und unser nächster Versuch mit Surfbrett bewaffnet in die Fluten zu stürzen werden.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Mystik am Machu Picchu



Der gebuchte 2-tägige "Heiliges-Tal-der-Inkas-und-Machu-Picchu-Trip" sollte frühmorgens vor unserem Hotel beginnen. Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk standen Corinne und Jan also zur abgesprochenen Zeit an der Reception des Hotels und warteten erstmal beinahe eine halbe Stunde auf das Eintreffen des Tourbusses. In fremden Landen können in solchen Momenten mitunter Zweifel an der Rechtschaffenheit der mit unserem Vertrauen beehrten Reiseagentur kurz aufflackern. In diesem Fall waren diese "Worst-Case"-Szenario-Phantasien glücklicherweise unbegründet, da der Bus mit der, für Südamerika eigentlich als pünktlich zu erachtenden, Verspätung von gerade einmal 20 Minuten bei uns eintrudelte. Klar, dass der halbvolle (oder auch halbleere, je nach Standpunkt ;-)) Bus mit einem kurzen Abstecher zum Haupteinsammelpunkt für Touristen, erst noch die letzten unbesetzten und (wohl wichtiger) unbezahlten Plätze eliminieren musste.

Dann konnte es aber losgehen. Überraschenderweise kommunizierte der wortgewandte Guide munter in zweisprachigem Spanisch-Englisch-Mix. Das hatten wir nicht erwartet, da dieses doch mitunter als wichtig geltende Leistungsmerkmal bei den Verkaufsverhandlungen nicht speziell hervorgehoben worden war (und das Hervorheben der verschiedenen im Angebot enthaltenen Leistungen war etwa die zweitwichtigste Sache während unserer Verkaufssession, natürlich nach der Geldübergabe).
Die ersten interessanten Steinhaufen, bzw. Ruinen wurden mit dem Hinweis auf die ebenfalls im Angebot stehende "City-Tour" einfach mal links liegen gelassen, weiter entfernte, wichtigere Dinge warteten auf unsere ungeteilte Aufmerksamkeit und ausserdem wollte man sich als Touroperator nicht selber das Geschäft vermiesen.

Der erste Stopp galt, wie nicht anders zu erwarten, der Unterstützung des ortsansässigen Kunsthandwerks. Dass sich die farbenprächtigen mit allerlei mehr oder weniger kitschigen Ramsch ausstaffierten Marktstände zwischen "Copacabana" in Bolivien und "Pisac" im peruanischen heiligen Tal der Inkas kaum, oder wenn dann nur in einigen kleinen Details unterscheiden, scheint der touristischen Konsumwut keinen Abbruch zu tun. Nach einer knappen (auch im Sinne von: "das reicht ja kaum um allen Daheimgebliebenen etwas nettes zu besorgen") halben Stunde ungezügelten Geldverprassen, wurde die Reisegruppe "Efrain", so oder ähnlich der Name unseres Führers, anhand einer Lautsprecherdurchsage aus dem Einkaufstraum gerissen und zurück in den Bus zitiert.

Weiter ging's dann zu den nahegelegenen Ruinen der Inkafestung von "Pisac". Hier durfte unsere 30-köpfige Reisegruppe die ersten Gehversuche im reissenden Strom des Massentourismus wagen. Glücklicherweise wurden wir am oberen Ende der Festung aus dem Bus ausgespuckt, was uns den Vorteil einer gewissen Antizyklizität gegenüber dem Grossteil der unten startenden Reisegruppen bescherte. Trotzdem war's nicht unbedingt ein Leichtes, Fotos der 500-jährigen Steinhaufen einzusammeln, auf denen nicht mindestens 20 Leute in greller Funktionsbekleidung das Ambiente störten. Mit etwas Geduld und dem einen oder anderen Perspektive-Trick hatte es aber trotzdem zu einigermassen ansehnlichen Schnappschüssen gereicht.

Die Meute war nach der anstrengenden Bergfestungs-Begehung natürlich mit Hunger gesegnet und wie lässt sich eine Gruppe von 30 Leuten am Effizientesten ruhigstellen?
Richtig! Mit Buffet-Futter!
Wir wurden also, wie auch vermutlich alle anderen Tourbusse unterwegs, ins Buffet-Mekka "Urubamba" gekarrt. Die Hauptstrasse wird beinahe nur von Buffet-Restaurants gesäumt, die sich nur so darum reissen sich mit dem Hunger der Touris anlegen zu dürfen. Die anfängliche Skepsis gegenüber dieser Art der Verpflegung konnte zwar nicht ganz überwunden werden, aber die bereitgestellten Hungerkiller waren erstanlicherweise geschmacklich nicht mal so übel.

Frisch gestärkt ging's nach dem Kurzaufenthalt im Schlemmertempel gleich weiter zum nächsten archäologischen Highlight, den Ruinen von "Ollantaytambo". Nachdem bereits die Inkafestung vom Vormittag hohe Anforderungen an die Geduld des geführtetouren-inkompatiblen Individualtouristen gestellt hatte, kam's in "Ollanta" noch einiges dicker. Im Gänsemarsch quälten sich die Touristenschlangen, und wir mitten drin, die steilen Treppen der beeindruckenden Inkastätte hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Horror! Aber das Schlimmste daran war, dass auch dies nur ein Vorgeschmack auf die zu erwartenden Menschenmassen in "Machu Picchu" zu sein schien...

Das Nervengewand mittlerweile bis zum Zerreissen gespannt, waren wir froh uns zu diesem Zeitpunkt von unserer Tour-Gruppe abspalten zu können, da wir anstatt der letzten Inkaruinen im heiligen Tal, die Zugreise nach "Aguas Calientes" am Fuss von "Machu Picchu" antreten durften.

Der Typ von der Reiseagentur hatte uns am Morgen vor, oder beinahe noch während der Abfahrt mitgeteilt, dass eine Namensverwechslung bei der Reservation der Tickets für den Zug dazu geführt hatte, dass er uns nur ein Ticket abgeben konnte. Er würde sich aber im Verlauf des Tages bei unserem Guide melden und die fehlende Ticketnummer durchgeben. Wir könnten dann einfach am Bahnhof von "Ollantaytambo" einen Nachdruck des Tickets erstellen lassen.
Wir ahnten natürlich bereits Unheil, als unser Guide auch nach erreichen der letzten Station noch keine telefonischen Infos betreffend der Tickets erhalten hatte...
Wir hatten aber unsere Rechnung ohne das ausserordentliche Timing unseres peruanischen Reiseagenten gemacht, denn just in dem Moment, als "Efrain" uns über die Mauerbaukünste der Inkas und deren Vorfahren aufklären wollte, klingelte sein Telefon dermassen penetrant, dass er nicht darum herum kam den Anruf entgegenzunehmen und uns mit der dringend benötigten, weil fehlenden Zugticketnummer zu versorgen. "Just-in-Time"-Management würde man das nennen (wenn es denn tatsächlich so beabsichtigt gewesen wäre :-)).

Die Fahrt im "Backpacker"-Abteil der PeruRail war dann zwar nicht sonderlich aufregend, da die Umgebung bereits in finstere Nacht gehüllt war, aber auch nicht unbedingt unangenehm, da die "Backpacker"-Klasse entgegen der möglichen Implikationen durch ihren Namen, durch recht komfortables Gestühl positiv auffiel.

Nach dem kleinen Malheur mit den Zugtickets, durfte es eigentlich nicht überraschen, dass uns bei der Ankunft in "Aguas Calientes" das versprochene mit unseren Namen geschmückte Schild nicht aus dem Schildermeer am Bahnhofsausgang entgegenblitzte. Dumm war allerdings, dass wir nicht einmal wussten, in welchem Hostel für uns ein Zimmer reserviert worden war...
Wir mussten also den nächstbesten rumstehenden "Guide" dazu nötigen uns bei der Problemlösung zu helfen (wir hatten wenigstens die Telefonnummer vom Reiseagenten, phu...).
Von einem weiteren "Guide" wurden wir zu einem schäbigen Hostel geführt. Die Leute vom Hostel hatten aber leider auch keine Ahnung davon, dass wir auftauchen würden, sprich es war nichts reserviert.
Zum Glück tauchte just in dem Moment unser eigentlicher "Guide" Juan Carlos auf. Auch er schien zwar von unserer Ankunft überrascht zu sein, organisierte aber routiniert (man hatte beinahe den Eindruck, dass dies öfter passierte...) eine ebenfalls recht schäbige Unterkunft und versorgte uns mit beinahe allen Infos und Papierchen, die wir benötigten.
Sein Tipp war, dass wir uns am nächsten Morgen zeitig, so gegen 4:45 Uhr, auf den Weg Richtung Bushaltestelle für die Busse hoch nach "Machu Picchu" machen sollten, da wir so einen der ersten Busse erwischen konnten.

Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn PeruRail hatte sich entschieden diese Nacht anscheinend längst überfällige Rangierarbeiten durchzuführen. Der "Zufall" wollte es, dass unser Hostelzimmer die Fensterfront in Richtung Rangierbahnhof ausgerichtet bekommen hatte. Die verwendete Diesellok hatte damit etwa denselben akustischen Effekt, wie ein 60 Tonnen Lastwagen mit defektem Schalldämpfer der direkt durch unser Schlafzimmer donnerte. An Schlaf war bis gegen knapp 00:30 Uhr nicht mal zu denken.
Mit dem einsetzenden Regen schienen die Bahnarbeiter ihrer lärmenden Arbeit überdrüssig zu werden und hatten ein Einsehen mit uns.

Die doch recht kurze Nacht war bei unserer Weckung eigentlich noch in vollem Gange. Ausserdem dämpfte der heftige Dauerregen unseren Drang die Inkafestung von "Machu Picchu" zu stürmen. Hätte uns Juan Carlos nicht die Deadline von 6:00 Uhr oben am Eingang der Kultstätte eingetrichtert, wir hätten uns vermutlich auf den Nachmittag vertröstet (was im Nachhinein vielleicht auch die bessere Variante gewesen wäre...). Widerwillig packten wir also unsere Sachen und uns in Gore-Tex, und machten uns auf den Weg zur Busstation. Das hatten vor uns schon einige andere Leute getan, die Menschenschlange reichte beinahe die ganze Strasse hoch (aber wenigstens hatte der Regen etwas nachgelassen).
Der nächste Schock kam nach der gut 20-minütigen Busfahrt bei der Ankunft vor dem Eingang zu "Machu Picchu"! Offensichtlich hatten bereits einige Busse den Weg nach oben gefunden und zusätzlich noch die Horde an Fussgängern, die den Berg über die Inkatreppe erklommen hatten, um dem Warten auf den Bus zu entgehen. Die Schlange hier war dementsprechend noch einiges länger als am Busterminal. Unsere 6:00 Uhr Verabredung war also nicht mehr einzuhalten und so mussten wir nach dem Eintritt in die Ruinenstadt erst unsere Führerin suchen.

Dieses junge Mädel war dann auch mit ihrer Gruppe von 25 englischsprechenden Touris etwas am eigenen Limit angelangt. Das umso mehr, als dass ihre Englischkenntnisse dieser Aufgabe eher gar nicht gewachsen waren. Erschwerend kam auch noch dazu, dass der Regen sich nach anfänglicher vornehmer Zurückhaltung bald in einen Sturzbach verwandelte, so dass auch Coop-Plastik-Regenponchos vom Typ "Gurtenfestival 09" kaum mehr den relativ schnellen Abbau des Zuhörerinteresses bremsen konnten. Die Führung nahm schliesslich ein komisch abruptes Ende, das Fräulein Guide schien vor den Sturzfluten, die von ihrem mickrigen Regenschirmchen nur dürftig aufgehalten werden konnten, reissaus nehmen zu wollen. Wir wurden also quasi im Regen stehen gelassen.

Dieser Regen sollte uns noch bis gegen 11 Uhr weiterquälen, und da wir ja bereits gegen 6 Uhr am Berg gestanden hatten, war das eine verdammt lange, verdammt nasse Zeit. Zeit genug um sogar einen Versuch den "Montaña Machu Picchu", den eigentlichen Berg neben den Ruinen, zu erklimmen. Obwohl die Sicht im Nebel-Regen-Wolkengemisch keinen sonderlich guten Eindruck hinterlassen hatte, wollten wir trotzdem den Versuch starten, den Aussichtspunkt, von dem aus die allseits bekannten Panoramafotos von "Machu Picchu" geschossen werden, zu erklimmen. Die Herausforderung stellte sich als härter heraus als angenommen. Wir waren von einem viertelstündigen Spaziergänglein ausgegangen, aber nach unzähligen "nur noch 5 Minuten weiter" und "noch bis zur nächsten Kurve" (viele werden diese Zauberformeln noch aus der Kindheit kennen, hat schon damals nichts genutzt :-)), nach knapp 45 Minuten Treppensteigen, Keuchen, Japsen und Schwitzen hatte der Berg unseren Willen gebrochen und wir gaben auf.

Diese vergossenen Schweisstropfen schienen aber trotzdem ihre Wirkung getan zu haben oder Petrus waren schlicht und ergreifend die Wasserkübel ausgegangen. Auf jeden Fall machte sich der lästige Regen aus dem Staub und sogar die Nebelschwaden, welche die Ruinen mit einer etwas übertriebenen Portion Mystik umgeben hatten, klarten etwas auf.
Da waren dann also die bekannten Panoramafotos, zwar nicht vom Aussichtspunkt oben am Berg, sondern von weiter unten, doch noch möglich und "Machu Picchu" konnte auf unserer "Must-Have-Seen"-Liste mit einem dicken grünen Häckchen versehen werden.

"Ende gut, alles gut" traf dann sogar auf die Rückreise zu, denn dieses Mal klappte auch alles mit den zugefaxten Zugtickets und dem mit Namensplakat versehenen Buschauffeur in "Ollantaytambo" am Bahnhof (man hatte sogar beinahe das Gefühl, dass da was gutgemacht werden musste ;-))!!

Mittwoch, 20. Januar 2010

Cusco touristico

Die 11 Stunden Busfahrt vergingen für einmal nicht ganz wie im Flug, obwohl wir zwischenzeitlich den Eindruck hatten der Chauffeur wäre in einem Flugzeugcockpit besser aufgehoben gewesen... Trotzdem erreichten wir "Cusco" unversehrt und pünktlich um sechs Uhr morgens. Es hatte erst gerade aufgehört zu regnen, die Strassen waren klatschnass und wir froh, dass wir gleich von einem Reiseagenten am Terminal abgefangen und in ein Hotel "entführt" wurden. Diese Art der Unterkunftsbeschaffung macht beinahe unseren Reiseführer überflüssig und hat zudem den Vorteil, dass wir von günstigen Zimmerpreisen profitieren können, da die Agenten Spezialpreise in den Hotels aushandeln. Ausserdem waren wir froh, nicht selber den Weg vom Busterminal in die Innenstadt suchen zu müssen, denn das Quartier, indem sich das Busterminal befand, machte doch einen etwas zweifelhaften Eindruck.
Dank Nebensaison war das Hotel nur mit wenigen Gästen besetzt, so konnten wir gleich unser Zimmer in Beschlag nehmen und etwas vom auf der unruhigen Fahrt verpassten Schlaf nachholen.

Am Nachmittag ging's auf eine erste Erkundungstour durch die Touristenhochburg "Cusco". Es wurde recht schnell klar, wodurch sich diese Stadt ernährt, denn trotz Nebensaison und Regenzeit waren die Strassen mit Horden von Touristen bevölkert, die mit Kamera und Regenponcho bewaffnet Jagd auf die zahlreichen Kirchen und die berühmten Inkamauern machten. Ausserdem deutete der erste McDonalds seit Argentinien/Chile darauf hin, dass genügend Touris mit Fast-Food-Geschmack für ein blühendes Geschäft sorgen würden.

Rund um die obligatorische "Plaza de Armas" reihten sich Restaurant an Restaurant, nur unterbrochen durch den einen oder anderen Souvenirstand und den obligaten Geldbrunnen in Form eines "Cajero Automatico" (Geldautomaten), damit der kaufsüchtige Perutouri nicht in seiner Kauflust gebremst und vom Geldausgeben abgehalten wird. Interessanter- und glücklicherweise hatten die Cusceños genügend Hirn gehabt, die "Restaurantes Touristicos" und "Tiendas de Recuerdos" (Souvenir-Shops) nicht mit den sonst in Peru üblichen grellbunten Werbetafeln zu verunstalten, sondern die Anschriften der Architektur anzupassen. Das hinterlässt auf den Erinnerungsfotos der Besucher einen eindeutig besseren Eindruck.

Da das Wetter in "Cusco" erstmals das Prädikat "Regenzeit" wirklich verdient hatte, war an Shorts und Zehensandalen nicht zu denken. Wir wurden also Aufgrund des Regenwetters beinahe dazu gezwungen die Kathedrale von innen zu bestaunen :-). Von aussen für eine Kathedrale eher etwas unscheinbar, offenbarte sich im Inneren die wahre Pracht dieses Gotteshauses. Dutzende riesige, mit Goldrahmen geschmückte Gemälde, vor Gold und Silber strahlende Altare und prunkvoll verzierte Kapellen rangen um die Gunst der Besucher und um die Gebete der Gläubigen. Auch Kuriositäten, wie das Bild des letzten Abendmahls, wo anstatt Brot ein Meerschweinchen als Festessen das Teller vor Jesus ziert, gehörten ebenfalls dazu. Man wunderte sich zwangsweise, wieviel all dieses in der Kathedrale verarbeitete Edelmetall und die Kunstwerke wohl wert wären, einfach verrückt...

Ein weiteres Highlight waren die überall in der Stadt vorhandenen Überbleibsel der berühmten Inkamauern. Bei einigen der mit äusserster Präzision zusammengepuzzelten Mauern drängen sich dem Betrachter Zweifel auf, dass diese tatsächlich bereits vor 500 Jahren so zusammengebaut worden sind. Faszinierend wie riesige bis zu 12-eckige Gesteinsbrocken millimetergenau zu einer äusserst stabilen, sogar erdbebensicheren Mauer zusammengesetzt wurden.

Nachdem wir in "Arequipa" zwangsweise eher durch Inaktivität geglänzt hatten, war die Zeit reif unsere Glieder wiedermal mit etwas Aktivität zu beleben. Da kam uns "Gravity Assisted Mountainbiking" gerade recht. Mit einem Downhill-Mountainbike sollten wir während eines Tages unter Zuhilfenahme der Erdanziehungskraft den Weg über Stock und Stein hunderte von Höhenmeter vom Berg ins heilige Tal der Inkas finden. Das Ganze war ausserdem noch mit Sightseeing und Geschichtslektionen durch unseren äusserst witzigen Guide "Doogie" garniert.
Nach dem geruhsamen Vormittagsfährtchen zum Kennenlernen des vollgefederten Drahtesels, gings am Nachmittag entlang der Falllinie an die Grenzen des Downhill-Hobels und über Stock und Stein bis die Scheibenbremsen rauchten und die Knie schlotterten ;-).

"Cusco" ist bekanntermassen Ausgangspunkt für die Besichtigung der weltberühmten Inkastadt "Machu Picchu", die auch auf unserer Liste zu besichtigender Orte einen Spitzenplatz einnahm. Nach Besuchen bei einigen der unzähligen Reiseagenturen in der Stadt entschieden wir uns schlussendlich für einen zweitägigen Ausflug nach "Machu Picchu" mit Übernachtung im nahen "Aguas Calientes". Dass bei diesem Ausflug nicht ganz alles perfekt klappen konnte, war eigentlich schon von Anfang an klar, dafür war der von uns bezahlte Preis verhältnismässig zu günstig. Aber dazu mehr in einem nächsten Bericht...

Fiesta de escarabajos (Chäferfescht)

Jesus, der uns den Bus-Trip nach "Arequipa" verkauft hatte (und auch zuvor schon den Ausflug auf die "Islas Flotantes"), hatte uns für den 2. Januar um 7:45 Uhr aufgeboten. Daher waren wir etwas erstaunt, als eben dieser Jesus um 6 Uhr morgens an unsere Zimmertüre klopfte, um uns die Bustickets in die Hand zu drücken und sich verabschiedete indem er uns mitteilte, dass wir bereits um 7:30 Uhr am Busbahnhof zu sein hätten da der Bus "Puno" bereits um acht Uhr Richtung "Arequipa" verlassen würde. Unser Reiseprogramm hatte sich also bereits vor Beginn etwas nach vorne verschoben und wir hatten es glücklicherweise sogar mitbekommen :-). Zwei Stunden später sassen wir auch schon im Bus der Gesellschaft "Julsa" und liessen den "Lago Titicaca" hinter uns.

Nach gut sieben Stunden Sitzleder-Training kämpfte sich unser Bus durch die ersten Häuserreihen von "Arequipa", auf den ersten Blick kein allzu schöner Anblick. Dass man nicht immer dem ersten Blick trauen darf, stellte sich dann allerdings etwas später heraus.
Das Busterminal befand sich, wie das in den meisten Städten üblich ist, etwas ausserhalb des Stadtzentrums in einem eher ärmlichen Quartier. Per Taxi ging's also für einige Soles Richtung Stadtzentrum. Praktischerweise befand sich am Ausgang des Busterminals neben dem Taxistand ein Plakat mit den ungefähren Fahrpreisen für die Taxis, sowas hilft doch ungemein beim Verhindern von ungewolltem und unnötigem Geldverlust. Der Taxifahrer konnte uns ausserdem gleich mit einem Hoteltip versorgen. Irgendwie scheint in Peru jeder Taxifahrer Verwandte oder Freunde im Hotelgewerbe zu haben, konnten wir doch bisher schon einige Male von einem guten Angebot profitieren... Das picco-bello Zimmer im nigelnagel neuen Hotel "Arequipa Central" konnten wir auf jeden Fall zu einem sehr günstigen Preis für die nächsten Tage bewohnen. Dass neben einem bequemen Bett und einem eigenen Bad/WC auch Satelliten-TV zur Zimmerausstattung gehörte, sollte sich im Verlauf unseres Aufenthaltes noch als praktisch erweisen...

Beim ersten kurzen Spaziergang durch die Stadt zeigte sich, dass manchmal ein zweiter Blick ein anderes Gesicht einer Stadt offenbart. Die Innenstadt rund um die "Plaza de Armas" (natürlich, was sonst ;-)) bestand aus etlichen aus dem weissem Vulkangestein "Sillar" gefertigten Kolonialhäusern und war, was für Peru eher untypisch ist, sehr sauber und gepflegt.
Wir waren in einem mexikanischen Restaurant hängen geblieben als uns der Hunger zittrige Knie beschert hatte und hatten uns entsprechend mittelamerikanische Spezialitäten bestellt. Wären wir mal besser bei peruanischer Kost geblieben, denn das Hühnchengericht schien nicht nur gut gewürzt, sondern noch mit einer Portion unerwünschter Mitbewohner garniert gewesen zu sein. Auf jeden Fall stellte sich am nächsten Tag die (eigentlich) längst überfällige Durchfallerkrankung bei der einen Hälfte unserer Reisegruppe ein.
Die übermässige Darmaktivität liess sich durch die selbstverordnete Bananen-Zwieback-Imodium-Diät nicht hinreichend kurieren, also musste den hartnäckigen Bazillen mit gröberem Geschütz zu Leibe gerückt werden. Der 500 mg Antibiotika-Chemiecocktail verfehlte dann seine Wirkung allerdings nicht und nach einigen Tagen unkontrolliertem Satelliten-TV-Konsum in Form von sich abwechselnden Episoden vom Typ Criminal Intent, CSI Miami, CSI Las Vegas, Lost, Las Vegas, Life, Grey's Anatomy, Raising the Bar, Navy CIS, Third Watch, Two and a half Men, Smallville, Friends und Criminal Minds (um nur einige zu nennen) waren die letzten Schädlinge aus dem kontaminierten Verdauungssystem entfernt und wir konnten uns wieder mit etwas anderem als der Flimmerkiste und der Klo-Schüssel beschäftigen :-)...

In "Arequipa" gibt's zum Beispiel ein riesiges Kloster, dass einen ganzen Block der Stadt in Anspruch nimmt. Für die Besichtigung dieser perfekt Instand gestellten Anlage wird dem gewillten Tourist zwar gehörig in die Brieftasche gelangt, aber die beeindruckende Stadt in der Stadt ist die finanziellen Umtriebe wert. Faszinierend zu sehen, wie die Nonnen bis vor wenigen Jahren in diesen verwinkelten, mit zahlreichen Gässchen und Kammern versehenen Labyrinth ihren frommen Tätigkeiten nachgegangen sind.

Die Besichtigung und Ablichtung der zahlreichen Gotteshäuser der Stadt hatten wir noch vor unserem medizinischen Zwischenstopp hinter uns gebracht. Im Nachhinein betrachtet scheinen diese Kirchen alle beinahe gleich auszusehen. Vielleicht hätte ein Blick ins Innere noch einige Unterschiede zu Tage gefördert, aber es ziert sich nicht sonderlich die katholischen Tempel in Shorts und Flip-Flops zu besuchen. Anstatt die luftige Kleidung gegen ein passenderes Outfit einzutauschen und entsprechend Schweissränder am T-Shirt zu riskieren, verzichteten wir lieber auf besagtes Detailstudium und schlurften in unseren Fusstangas durch andere Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Im "Museo Santury" gab's yum Beispiel ein weiteres Mal mumifizierte 500-jährige Inka-Kindsopfer und deren zahlreiche Grabbeigaben zu sehen. Zwar war die berühmte "Juanita" gerade in ihrem wohlverdienten Konservations-Schönheitsschlaf und somit indisponiert, aber ihre Stellvertreterin zeigte uns auch recht beeindruckend die kalte, weil tiefgefrorene Schulter und liess uns erneut einen Schauer über den Rücken kriechen.

Die Kameltiere wie Llama und Alpaca hatten wir uns bereits visuell und kulinarisch zu Gemüte geführt und als einerseits niedlich und andererseits lecker kennengelernt. Ein anderer Vertreter der südamerikanischen Tierwelt wartete noch darauf entdeckt zu werden. In freier Wildbahn hatten wir noch keine Meerschweinchen sehen können, daher musste die zu einer kulinarischen Delikatesse verarbeitete Meerschweinchen-Variante, "Cuy Chactado" (fritiertes Meerschweinchen) dran glauben. Wer sich die niedlichen kleinen Viecher genauer anschaut, kann sich nur zu gut vorstellen, dass neben einer Menge Knochen nicht all zu viel an diesen Nagetierchen dran ist. Vom Teller lachte also ein plattgedrücktes, mit Beinchen und Kopf komplettes, fritiertes Haustier entgegen, ein Anblick der möglicherweise nicht jedermanns Geschmack trifft. Auch die kulinarische Erfahrung, eine geschmackliche Mischung aus Kaninchen und Hühnchen trifft's wohl einigermassen, kann nicht jedem kritischen Gaumen stand halten. Einen Versuch war's aber allemal wert ;-)...

Nach mehr als einer Woche am selben Ort, war die Zeit überreif für einen Standortwechsel. Wir hatten uns Tickets von der Busgesellschaft "Cruz del Sur" für die Fahrt von "Arequipa" nach "Cusco" organisiert. Da es sich um eine Nachtfahrt handelte kam es uns ausserordentlich gelegen, dass LP (Lonely Planet) dieses Unternehmen als das beste und sicherste in Peru bezeichnete. Dass dadurch auch der Preis entsprechend etwas höher ausfiel, nahmen wir anhand des zweifelhaften Rufs des peruanischen Strassensystems ohne zu Murren in Kauf.
Wir hatten von anderen Reisenden bereits Geschichten über die Sicherheitsvorkehrungen beim Check-In für Busfahrten in Peru gehört, waren dann aber trotzdem überrascht, als unser Gepäck wie am Flughafen nach irgendwelchem unerlaubtem Inhalt durchsucht wurde. Ausserdem fanden wir uns nach dem Einchecken in einer "Departure Lounge" wieder, die jeder Business- oder Firstclass Lounge im Flughafen alle Ehre gemacht hätte. Nur zu dumm, dass wir zeitlich etwas knapp dran waren und nicht länger davon Gebrauch machen konnten. Beinahe auf die Minute pünktlich bog der gigantische vierachsige Bus aus dem Busterminal von "Arequipa" auf die Strasse Richtung "Cusco" ein...

Donnerstag, 7. Januar 2010

Schilfbürger und Strickliesen

Die Tickets für den Bus von "Copacabana" nach "Puno" hatten wir in derselben Reiseagentur erstanden, wie die Bootstickets auf die "Isla del Sol". Das Mädel hinter dem Schreibtisch hatte bei unserer Nachfrage versichtert, dass es sich um einen Touristenbus handeln würde, wo das Gepäck entsprechend nicht auf dem Dach festgebunden und Regen und Verlust auf kurvigen, holprigen Strecken preisgegeben würde. Damit war unsere grösste Sorge vom Tisch und der Deal besiegelt.
Da ahnten wir noch nicht, dass die Sache etwas anders über die Bühne gehen würde...

Wir hatten uns pünktlich wie ein schweizer Uhrwerk am Morgen kurz vor der Abfahrt zum Büro der Reiseagentur begeben und waren damit beschäftigt die bereits von anderen Grenzübertritten bekannten Einreiseformulare auszufüllen, als uns der Chauffeur vom "Bus" abholte und zu seinem Gefährt brachte. Vom versprochenen (und auch bezahlten) Reisebus mit Toilette war der 12-plätzige Toyota-Minibus allerdings weit entfernt. Unsere Mitpassagiere waren bereits abfahrtbereit und unser Gepäck bereits auf- anstatt eingeladen. Daher blieb uns keine Zeit mehr uns bei der Reiseagentin zu beschweren (was vermutlich auch so geplant war...). Wir hatten wenigstens noch die Hoffnung, dass uns dieser Minibus nur bis zur Bushaltestelle oder bis zur Grenze bringen würde und dann anschliessend die Reise mit dem versprochenen Fahrzeug weitergehen würde...
Innerhalb weniger Minuten hatten wir auch schon den Grenzübergang erreicht und wurden von Jesus unserem Reisebegleiter zu den Büros gewiesen. Entgegen aller Gerüchte und Warnungen, die wir bisher gehört hatten, mussten wir kein unerwartetes Schmiergeld in Form von angeblich gefälschten US-Dollarnoten bezahlen (LP berichtete, dass einige Grenzbeamte beim Gepäckdurchsuchen zum Vorschein gekommene Dollarnoten als Falschgeld beschlagnahmt hatten). Der Grenzübertritt nach Peru war äusserst unkompliziert und nach dem kurzen Fussmarsch durchs bolivianisch-peruanische Grenzgebiet, in wenigen Minuten Geschichte. Unser Gepäck hatte den Weg über die Grenze, dank einem zwangsweise angeheuerten Porteur, tatsächlich auch ohne unsere Hilfe gefunden. Selbstverständlich wartete dann der Typ auf der peruanischen Seite mit der offenen Hand auf seine wohlverdiente "Propina", das Trinkgeld.
Den Rest unserer Bolivianos konnten wir praktischerweise in einem Wechselbüro gleich neben der Grenze umtauschen. Mit dieser Transaktion waren wir noch beschäftigt, als unser Bus für die Weiterfahrt eintraf. Dieses Gefährt war zwar etwas grösser, als das vorhergehende "Schnupftruckli", aber immer noch weit vom gebuchten entfernt. Ausserdem schienen bereits alle Plätze besetzt, als wir beiden langsamen Berner uns vom Wechselbüro losgelöst hatten und einsteigen wollten. Unnötig zu erwähnen, dass unser Gepäck unterdessen bereits die Bekanntschaft mit dem Dachträger gemacht und sich mit dem Gepäcknetz auf Tuchfühlung begeben hatte. Cöry wurde auf den zweiten Beifahrersitz gesetzt, der wohl eigentlich für Jesus den Reisebegleiter gedacht war. Dieser musste sich mit einem Stehplatz zufrieden geben, da auch der Reservesitz neben der Schiebetür bereits durch einen zahlenden Gast besetzt war. So ging unsere "Touribus"-Reise also in einem übervollen Mercedes-Minibus weiter.

Nach den staubigen Schotterpisten in Bolivien, hatten wir eigentlich damit gerechnet, dass die Strassen im angeblich wirtschaftlich besser dastehenden Peru von etwas besserer Qualität sein würden. Die Strasse bestand zwar aus richtigem Strassenbelag, das allerdings zur zwischen den in enormen Mengen vorhandenen Schlaglöchern. Diese schienen sich ausserdem gegenseitig in Grösse und Tiefe übertreffen zu wollen. Wir wurden zwangsweise an unsere Schlaglochpisten-Reise zur "Coffee-Bay" in Südafrika erinnert. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie es möglich ist so viel Loch in einen Strassenbelag "einzupflegen"...
Zwar waren Strassenarbeiter damit beschäftigt die Löcher mit Belag aufzufüllen, aber das konnte angesichts der kilometerlangen Holperstrecke noch Jahre dauern. Ganz davon abgesehen, dass die reparierten Strassenabschnitte nicht unbedingt viel komfortabler zu befahren waren, als ihre unbehandelten Verwandten.

Trotzdem erreichten wir "Puno" in der angegebenen Zeit und ohne Gepäcks- oder Radverlust. Jesus hatte ausserdem die 3-stündige Fahrt dafür genutzt uns von einem, seinen Angaben nach, netten Hostel zu berichten. Er liess sich nicht so schnell abschütteln und wollte uns unbedingt neben unserem reservierten Hostel auch sein vorgeschlagenes, besseres Hostel zeigen. Nach einer Zick-Zack-Fahrt durch die Stadt und der Begutachtung der beiden Unterkünfte liessen wir uns schlussendlich von Jesus überzeugen und quartieren uns im "Hostal Tumi I" ein.

Andere Reisende hatten uns berichtet, dass die Stadt "Puno" selbst nicht sonderlich viel zu bieten hätte. Ausser den Ausflügen zu den verschiedenen Inseln auf dem Titicaca-See gab die Stadt auch tatsächlich nicht gerade viel her. Also durfte ein Bootsausflug zu den "Islas Flotantes" der Uros (den Ureinwohnern der Inseln) und zu den strickenden Männern auf der "Isla Taquile" natürlich nicht fehlen. LP hatte uns zwar gewarnt, dass sich diese Geschichte etwas gar touristisch gestalten würde, aber wir konnten's trotzdem nicht lassen.
Auf den "Islas Flotantes" wurden wir vom witzigen, mehr oder weniger traditionell gekleideten "Presidente" der Insel höchstpersönlich über deren Herstellung und das Leben auf den Inseln aufgeklärt. Auf jeder der über 50 aus schwimmendem Schilf hergestellten Inseln lebt eine Familie/Sippe. Der Presidente der Insel ist also wohl eher sowas wie das Familienoberhaupt ;-). Das Schilf bestimmt mehr oder weiniger das ganze Leben der Uros. Es wird nicht nur für die Herstellung der schwimmenden Inseln, Hütten und Boote verwendet, sondern auch zum Befeuern der Kochstellen, da es auf den Inseln keinen Strom gibt. Neben gefangenem Fisch und geschossenen Vögeln dient das Schilf auch als Nahrungsmittel. Das schwammige, geschmacksneutrale Innenleben des Schilfs ist allerdings nicht Jedermann's Sache ;-)...
Die tatsächlich sehr touristische Anmutung der schwimmenden Inseln wird auch durch die Tatsache gestützt, dass die, ebenfalls traditionell gekleideten, Frauen der Insel keine Gelegenheit auslassen den Besuchern Souvenirs anzudrehen. Trotzdem war der Besuch der Inseln eine sehr interessante und beeindruckende Erfahrung.

Von den "Islas Flotantes" ging's dann mit dem Boot weitere drei Stunden zur "Isla Taquile". Wir mussten also noch einige Zeit warten um den Männern beim Stricken zuschauen zu können...
Bei der Ankunft ging's allerdings nicht gleich ans Mützenstricken, sondern wir bekamen erst eine folkloristische Tanzeinlage und ein traditionelles Mittagessen, bestehend aus der bereits bekannten "Trucha" (Forelle, für alle vergesslichen :-)), serviert.
Die "Isla Taquile" gehört wegen der hier hergestellten St(r)ickereien zum UNESCO Weltkulturerbe. Zur traditionellen Bekleidung der Männer gehört ein Stoffgurt und eine gestrickte Mütze, einer Schlafmütze gleichend. Die Frauen stellen die Stoffgürtel für ihre Männer her und versehen sie mit Stickereien, die eine Aussage über den Zivilstand und das Leben des Mannes machen (z.B. die Anzahl seiner Kinder, die Grösse seiner Viehherde, usw.). Die gestrickten Mützen stellen die Männer selber her. Anhand der Farbe der Mütze kann bereits von Weitem der Zivilstand des Mannes abgelesen werden. Ledige Männer tragen eine rot-weisse und die bereits vergebenen Männer eine rote Mütze. Sowas wär doch auch in der Schweiz praktisch oder (aber natürlich nicht nur für Männer...) ;-)? Wir hätten gern ein Souvenir gekauft und uns mit Mützen eingedeckt, aber aufgrund des bereits ausgiebigen Souvenirshoppings in "Copacabana" und "Puno" drohten unsere Rucksäcke bereits beinahe zu platzen...

Nachdem wir nun die Inseln abgeklappert, jede Form von Alpaca-Fleisch (Alpacas sind Verwandte der Llamas) versucht (Alpaca al Vino, Alpaca-Schnitzel, Alpaca-Geschnetzeltes, usw.), die erste Magenverstimmung mit Hilfe von Imodium hinter uns gebracht und die Innenstadt mit ihren Souvenirläden unzählige Male durchstöbert hatten, war die Zeit reif für die Weiterreise. Wir hatten uns bei Jesus (genau, der Reisebegleiter von der Hinfahrt) ein Busticket für den Neujahrsmorgen für die Weiterfahrt nach "Arequipa" organisiert. Auch er hatte uns einen Touristenbus mit Toiletten versprochen und wir hatten beschlossen ihm zu glauben, wir waren ja jetzt in Peru und nicht mehr in Bolivien und Jesus schien echt nett zu sein :-)...
Wir waren dann etwas überrascht, als uns Jesus um etwa 22 Uhr am Silvesterabend im Hostel aufsuchte um uns mitzuteilen, dass der Bus evtl. am nächsten Morgen um 8 Uhr nicht fahren würde, da nicht ganz sicher wäre, ob der Buschauffeur nach den Neujahrsfeierlichkeiten schon wieder fahrtüchtig genug sei. Jesus versicherte uns aber, gegen Mittag würde sicher ein Bus fahren...
Anhand der Aussicht auf eine Busfahrt in einem tonnenschweren Doppeldeckerbus gelenkt von einem halbwegs ausgenüchterten Peruaner, entschieden wir uns lieber noch eine Nacht länger "Puno" zu geniessen und erst am 2. Januar auf den Bus nach "Arequipa" zu springen. Was natürlich auch nicht ganz so klappte, wie eigentlich vereinbart...