Da ahnten wir noch nicht, dass die Sache etwas anders über die Bühne gehen würde...
Wir hatten uns pünktlich wie ein schweizer Uhrwerk am Morgen kurz vor der Abfahrt zum Büro der Reiseagentur begeben und waren damit beschäftigt die bereits von anderen Grenzübertritten bekannten Einreiseformulare auszufüllen, als uns der Chauffeur vom "Bus" abholte und zu seinem Gefährt brachte. Vom versprochenen (und auch bezahlten) Reisebus mit Toilette war der 12-plätzige Toyota-Minibus allerdings weit entfernt. Unsere Mitpassagiere waren bereits abfahrtbereit und unser Gepäck bereits auf- anstatt eingeladen. Daher blieb uns keine Zeit mehr uns bei der Reiseagentin zu beschweren (was vermutlich auch so geplant war...). Wir hatten wenigstens noch die Hoffnung, dass uns dieser Minibus nur bis zur Bushaltestelle oder bis zur Grenze bringen würde und dann anschliessend die Reise mit dem versprochenen Fahrzeug weitergehen würde...
Innerhalb weniger Minuten hatten wir auch schon den Grenzübergang erreicht und wurden von Jesus unserem Reisebegleiter zu den Büros gewiesen. Entgegen aller Gerüchte und Warnungen, die wir bisher gehört hatten, mussten wir kein unerwartetes Schmiergeld in Form von angeblich gefälschten US-Dollarnoten bezahlen (LP berichtete, dass einige Grenzbeamte beim Gepäckdurchsuchen zum Vorschein gekommene Dollarnoten als Falschgeld beschlagnahmt hatten). Der Grenzübertritt nach Peru war äusserst unkompliziert und nach dem kurzen Fussmarsch durchs bolivianisch-peruanische Grenzgebiet, in wenigen Minuten Geschichte. Unser Gepäck hatte den Weg über die Grenze, dank einem zwangsweise angeheuerten Porteur, tatsächlich auch ohne unsere Hilfe gefunden. Selbstverständlich wartete dann der Typ auf der peruanischen Seite mit der offenen Hand auf seine wohlverdiente "Propina", das Trinkgeld.
Den Rest unserer Bolivianos konnten wir praktischerweise in einem Wechselbüro gleich neben der Grenze umtauschen. Mit dieser Transaktion waren wir noch beschäftigt, als unser Bus für die Weiterfahrt eintraf. Dieses Gefährt war zwar etwas grösser, als das vorhergehende "Schnupftruckli", aber immer noch weit vom gebuchten entfernt. Ausserdem schienen bereits alle Plätze besetzt, als wir beiden langsamen Berner uns vom Wechselbüro losgelöst hatten und einsteigen wollten. Unnötig zu erwähnen, dass unser Gepäck unterdessen bereits die Bekanntschaft mit dem Dachträger gemacht und sich mit dem Gepäcknetz auf Tuchfühlung begeben hatte. Cöry wurde auf den zweiten Beifahrersitz gesetzt, der wohl eigentlich für Jesus den Reisebegleiter gedacht war. Dieser musste sich mit einem Stehplatz zufrieden geben, da auch der Reservesitz neben der Schiebetür bereits durch einen zahlenden Gast besetzt war. So ging unsere "Touribus"-Reise also in einem übervollen Mercedes-Minibus weiter.
Nach den staubigen Schotterpisten in Bolivien, hatten wir eigentlich damit gerechnet, dass die Strassen im angeblich wirtschaftlich besser dastehenden Peru von etwas besserer Qualität sein würden. Die Strasse bestand zwar aus richtigem Strassenbelag, das allerdings zur zwischen den in enormen Mengen vorhandenen Schlaglöchern. Diese schienen sich ausserdem gegenseitig in Grösse und Tiefe übertreffen zu wollen. Wir wurden zwangsweise an unsere Schlaglochpisten-Reise zur "Coffee-Bay" in Südafrika erinnert. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie es möglich ist so viel Loch in einen Strassenbelag "einzupflegen"...
Zwar waren Strassenarbeiter damit beschäftigt die Löcher mit Belag aufzufüllen, aber das konnte angesichts der kilometerlangen Holperstrecke noch Jahre dauern. Ganz davon abgesehen, dass die reparierten Strassenabschnitte nicht unbedingt viel komfortabler zu befahren waren, als ihre unbehandelten Verwandten.
Trotzdem erreichten wir "Puno" in der angegebenen Zeit und ohne Gepäcks- oder Radverlust. Jesus hatte ausserdem die 3-stündige Fahrt dafür genutzt uns von einem, seinen Angaben nach, netten Hostel zu berichten. Er liess sich nicht so schnell abschütteln und wollte uns unbedingt neben unserem reservierten Hostel auch sein vorgeschlagenes, besseres Hostel zeigen. Nach einer Zick-Zack-Fahrt durch die Stadt und der Begutachtung der beiden Unterkünfte liessen wir uns schlussendlich von Jesus überzeugen und quartieren uns im "Hostal Tumi I" ein.
Andere Reisende hatten uns berichtet, dass die Stadt "Puno" selbst nicht sonderlich viel zu bieten hätte. Ausser den Ausflügen zu den verschiedenen Inseln auf dem Titicaca-See gab die Stadt auch tatsächlich nicht gerade viel her. Also durfte ein Bootsausflug zu den "Islas Flotantes" der Uros (den Ureinwohnern der Inseln) und zu den strickenden Männern auf der "Isla Taquile" natürlich nicht fehlen. LP hatte uns zwar gewarnt, dass sich diese Geschichte etwas gar touristisch gestalten würde, aber wir konnten's trotzdem nicht lassen.
Auf den "Islas Flotantes" wurden wir vom witzigen, mehr oder weniger traditionell gekleideten "Presidente" der Insel höchstpersönlich über deren Herstellung und das Leben auf den Inseln aufgeklärt. Auf jeder der über 50 aus schwimmendem Schilf hergestellten Inseln lebt eine Familie/Sippe. Der Presidente der Insel ist also wohl eher sowas wie das Familienoberhaupt ;-). Das Schilf bestimmt mehr oder weiniger das ganze Leben der Uros. Es wird nicht nur für die Herstellung der schwimmenden Inseln, Hütten und Boote verwendet, sondern auch zum Befeuern der Kochstellen, da es auf den Inseln keinen Strom gibt. Neben gefangenem Fisch und geschossenen Vögeln dient das Schilf auch als Nahrungsmittel. Das schwammige, geschmacksneutrale Innenleben des Schilfs ist allerdings nicht Jedermann's Sache ;-)...
Die tatsächlich sehr touristische Anmutung der schwimmenden Inseln wird auch durch die Tatsache gestützt, dass die, ebenfalls traditionell gekleideten, Frauen der Insel keine Gelegenheit auslassen den Besuchern Souvenirs anzudrehen. Trotzdem war der Besuch der Inseln eine sehr interessante und beeindruckende Erfahrung.
Von den "Islas Flotantes" ging's dann mit dem Boot weitere drei Stunden zur "Isla Taquile". Wir mussten also noch einige Zeit warten um den Männern beim Stricken zuschauen zu können...
Bei der Ankunft ging's allerdings nicht gleich ans Mützenstricken, sondern wir bekamen erst eine folkloristische Tanzeinlage und ein traditionelles Mittagessen, bestehend aus der bereits bekannten "Trucha" (Forelle, für alle vergesslichen :-)), serviert.
Die "Isla Taquile" gehört wegen der hier hergestellten St(r)ickereien zum UNESCO Weltkulturerbe. Zur traditionellen Bekleidung der Männer gehört ein Stoffgurt und eine gestrickte Mütze, einer Schlafmütze gleichend. Die Frauen stellen die Stoffgürtel für ihre Männer her und versehen sie mit Stickereien, die eine Aussage über den Zivilstand und das Leben des Mannes machen (z.B. die Anzahl seiner Kinder, die Grösse seiner Viehherde, usw.). Die gestrickten Mützen stellen die Männer selber her. Anhand der Farbe der Mütze kann bereits von Weitem der Zivilstand des Mannes abgelesen werden. Ledige Männer tragen eine rot-weisse und die bereits vergebenen Männer eine rote Mütze. Sowas wär doch auch in der Schweiz praktisch oder (aber natürlich nicht nur für Männer...) ;-)? Wir hätten gern ein Souvenir gekauft und uns mit Mützen eingedeckt, aber aufgrund des bereits ausgiebigen Souvenirshoppings in "Copacabana" und "Puno" drohten unsere Rucksäcke bereits beinahe zu platzen...
Nachdem wir nun die Inseln abgeklappert, jede Form von Alpaca-Fleisch (Alpacas sind Verwandte der Llamas) versucht (Alpaca al Vino, Alpaca-Schnitzel, Alpaca-Geschnetzeltes, usw.), die erste Magenverstimmung mit Hilfe von Imodium hinter uns gebracht und die Innenstadt mit ihren Souvenirläden unzählige Male durchstöbert hatten, war die Zeit reif für die Weiterreise. Wir hatten uns bei Jesus (genau, der Reisebegleiter von der Hinfahrt) ein Busticket für den Neujahrsmorgen für die Weiterfahrt nach "Arequipa" organisiert. Auch er hatte uns einen Touristenbus mit Toiletten versprochen und wir hatten beschlossen ihm zu glauben, wir waren ja jetzt in Peru und nicht mehr in Bolivien und Jesus schien echt nett zu sein :-)...
Wir waren dann etwas überrascht, als uns Jesus um etwa 22 Uhr am Silvesterabend im Hostel aufsuchte um uns mitzuteilen, dass der Bus evtl. am nächsten Morgen um 8 Uhr nicht fahren würde, da nicht ganz sicher wäre, ob der Buschauffeur nach den Neujahrsfeierlichkeiten schon wieder fahrtüchtig genug sei. Jesus versicherte uns aber, gegen Mittag würde sicher ein Bus fahren...
Anhand der Aussicht auf eine Busfahrt in einem tonnenschweren Doppeldeckerbus gelenkt von einem halbwegs ausgenüchterten Peruaner, entschieden wir uns lieber noch eine Nacht länger "Puno" zu geniessen und erst am 2. Januar auf den Bus nach "Arequipa" zu springen. Was natürlich auch nicht ganz so klappte, wie eigentlich vereinbart...
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