Bis wir allerdings Fuss auf das kleine Eiland in Titicaca-See setzen konnten musste erst die Anreise überstanden werden.
Die 12-stündige Liegewagen-Fahrt nach "La Paz" war ein Klacks, keine Pannen und Überfälle, nada. Die Einfahrt nach "La Paz" ist übrigens überaus beeindruckend: nach der Durchfahrt durch "El Alto" öffnet sich neben der Strasse der Talkessel dieser Riesenstadt. Es scheint als hätte ein Riese seinen Sack Bauklötze ins Tal ausgeleert. Bis an den Rand des Kessels ist jeder Millimeter Boden, so scheint es, mit Gebäuden zugepflastert.
Trotz dieser überaus beeindruckenden Kulisse liessen wir die Stadt links liegen und bestiegen den nächsten Micro (Kleinbus) Richtung "Copacabana". Der 3-stündige Katzensprung wurde durch eine kurze Fährfahrt unterbrochen, da das bolivianische "Copacabana" durch Peru von seinem Heimatland quasi abgeschnitten und, ohne Grenzübertritt, nur auf dem Wasserweg erreichbar ist. Lustigerweise wurden Passagiere und Bus separat überwassert. Es hiess also am einen Ufer aus dem Bus raus in ein Boot umsteigen, hilflos zuschauen wie der Bus mit unserem Gepäck auf einen klapprigen Kahn verladen wurde und hoffen, dass sowohl Passagiere wie auch Bus heil am anderen Ufer ankommen.
Wir dürfen vermelden: alles gut gegangen!
Wie bereits erwähnt, wurde in "Copacabana" nur kurz genächtigt bis am nächsten Tag das erste Boot nach "Yumani" auf der "Isla del Sol" auslief.
Am Zielhafen angekommen, kaum den ersten Fuss auf die Inselerde gesetzt, geschweige denn einen ersten Blick auf die berüchtigte "Escalera del Inca" (Inkatreppe, für Nichtspanier :-)) geworfen, wird man gleich um die ersten Besuchsgebühren der Insel erleichtert (und es sind ganz sicher nicht die letzten Gebühren, die den Touris auf der Insel zur Brieftasche rausgezogen werden, versprochen...). Die nächste Prüfung folgt dann in Form der bereits erwähnten Inkatreppe. Bewaffnet mit knapp 18 Kilo tragbarem Kleiderschrank am Rücken und weiterem Gewicht vom Wundertütenrucksack an der Front, schleppt sich der Inselbesucher schwitzend und nach Luft japsend, immerhin liegt der Titicacasee auf gut 3800 Meter über Meer, die etlichen Stufen bis zur Unterkunft hoch. Die von den jungen Inselbewohnern angebotene Tragehilfe wird entweder mit einem gequälten Lächeln abgetan, oder aber bei Annahme beim Erreichen der Unterkunft fürstlich belohnt. Das erste Inselbier hat man sich nach der Plackerei mehr als verdient :-)...
Neben der Hilfe der jugentlichen Inselbewohner hätte man sich auch einen der äusserst zahlreichen Packesel schnappen und ihm die eigene Bürde aufbinden können. Allerdings will man sich ja nicht freiwillig um den Genuss des hart erarbeiteten, äusserst verdienten und darum umso besser schmeckenden Gipfelbieres bringen :-)...
Anstatt des gewohnten, traditionellen "Heilig Abend"-Festtagsschmauses, bestehend aus Suure Mocke mit Härdöpfustock oder Hamme mit Härdöpfusalat, bestand unser Festessen aus dem ebenfalls traditionellen Inselfood "Trucha" (bei uns bekannt unter dem Namen Forelle), in unserem Fall "al Ajo" also an Knoblauch (und das nicht zu knapp wohlgemerkt :-)). Die Geschenke-Bescherung fiel entsprechend den Umständen auch etwas bescheidener aus als in heimatlichen Gefielden und bestand mehrheitlich aus Gegenständen für den sofortigen Gebrauch, wie zum Beispiel den bekannten bolivianischen Zöttel-Mützen (nicht ganz unpraktisch bei den frostigen Nachttemperaturen im Hochland). Von weihnächtlicher Stimmung war auf der Insel allerdings nicht viel zu spüren, weder Weihnachtsbäume noch -männer und interessanterweise auch kaum Touristen. Wir hatten also vergebens gebangt und hätten unsere Unterkunft nicht panisch vorreservieren brauchen :-).
Nachdem uns das Wetter am Ankunftstag noch hold gewesen war, liess Petrus am nachfolgenden Tag die Muskeln spielen und schickte Schauerfront um Schauerfront über den Titicacasee. Wir waren beinahe soweit eine weitere Namensänderung zu beantragen. "Isla de la lluvia" (Regeninsel) oder "Isla de las nubes" (Wolkeninsel) sind nur zwei der Ideen, die an diesem verregneten Tag durch unsere Gehirnwindungen geisterten...
Glücklicherweise beschränkte sich Petrus Giessarbeit in den folgenden Tagen eher auf die nächtlichen Stunden und so konnten wir doch noch zur Inselerkundung aufbrechen. Die Insel ist mit Wanderwegen überzogen und kann vom Süden bis in den Norden zu Fuss durchquert werden, was wir auch beinahe vollständig ausgenutzt hatten. Beinahe nur deshalb, weil wir anhand der vorbeiziehenden, zum Teil bedrohlich dunklen Wolken kein sonderlich grosses Vertrauen in den Wettergott an den Tag legen wollten und lieber einmal zu früh den Rückweg angingen, anstatt als begossene Pudel am einen Ende der Insel zu enden und ein Heulkonzert veranstalten zu müssen.
Apropos Heulkonzert: Das für Südamerika typische Hundegebell und -geheul (wir nehmen's mittlerweile kaum mehr wahr) wurde auf der Sonneninsel durch eine interessante Komponente erweitert, denn die Esel scheinen mit ihren Brunftschreien gegen das Hundegebell um die akustische Vorherrschaft über die terrassierten Hänge der "Isla del sol" zu kämpfen! Das heisere Brüllen dieser starrköpfigen Zottelviecher hatte uns mehr als einmal ein breites Grinsen auf's Gesicht gezaubert, einfach goldig!!
Nachdem wir auf unserer Wanderung durch die schöne Landschaft der Insel in den Eukalyptuswäldern vergebens nach Koalas Ausschau gehalten und zur Genüge die herrliche Aussicht von der Terrasse unseres Hostels genossen hatten, uns ausserdem die eigentlich leckeren Truchas beinahe schon zu den Ohren rausquollen, uns also der Inselkoller eingeholt hatte, waren wir nach 4 Tagen doch zugegebenermassen etwas froh, das Boot Richtung "Copacabana" besteigen zu können. Beeindruckend war dabei, wie sich die Bolivianer meisterlich darauf verstehen Verkehrsmittel effizient zu nutzen. Das Boot schien eigentlich schon lange voll und trotzdem wollte die Menschenschlange am Steg nicht verebben... Wohlgemerkt, alle haben noch Platz gefunden, wie ist ein Rätsel :-)...
Trotzdem kamen wir, nach einem überflüssigen Stopp an gefakten (unechten) "Islas Flotantes" (schwimmenden Inseln, dazu mehr in einem späteren Eintrag) wohlbehalten in "Copacabana" an.
Am nächsten Tag sollte es per Reisebus weiter nach "Puno" in Peru gehen. Das ist allerdings eine andere Geschichte...
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