Mit dem Taxi ging's an den Grenzposten. Um den argentinischen Ausreisestempel zu erhalten, musste die lustige Grenzbeamten-Runde, die sich im Büro lachend unterhielt, gestört werden. Quasi ohne uns mit dem Ar... anzuschauen wurde uns der Stempel ins Heft gedrückt.
In Niemandsland zwischen Argentinien und Bolivien angekommen, schienen sich unsere Befürchtungen zu bewahrheiten, denn da wand sich eine lange Menschenschlange vor dem Zollbüro...
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass dies nur die Schlange für die Ausreise war (die Bolivianer scheinen nicht gern Leute aus ihren Land zu lassen). Also vorbeigeschlichen, den obligaten Einreisezettel ausgefüllt, Einreisestempel ergattert und schwupps waren wir auf bolivianischem Grund und Boden angelangt. Na, das ist ja einfach!
"Villazón" hiess das Grenzstädtchen-Pendant zum argentinischen "La Quiaca" und von hier sollte uns der Zug nach "Tupiza" bringen. Der "Wara-Wara"-Zug ist grundsätzlich dafür bekannt unpünktlich zu sein und er enttäuschte auch uns nicht. Bereits ohne Verspätung hätten wir bis zur planmässigen Abfahrt um 15:30 bereits 5 Stunden im Wartesaal des Bahnhofs verbracht. Mit der 2-stündigen Verspätung waren's dann entsprechen einige Minuten mehr.
Die Wartezeit war aber alles andere als Langweilig. Zuerst, natürlich viel zu früh, bevölkerten die "Angsthasen"-Touristen, die auf jeden Fall ein Ticket ergattern wollen, (wir zählen uns übrigens auch dazu ;-)) den Schalter. Die werden dann während dem Warten von bolivianischen Jungs belästigt, die irgendwas im Schilde zu führen scheinen (wir behielten unser Gepäck noch etwas genauer im Auge...). Nach und nach trudeln die Einheimischen im Wartesaal ein um ihrerseits Tickets zu kaufen. Einige beginnen Ess- und Trinkwaren oder Helados (Glace) an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Im letzten Moment (zumindest bei planmässiger Abfahrt) treffen auch noch die rastagelockten "Ach-ich-lass-es-mal-auf-mich-zukommen"-Touristen am Schalter ein und traben dann ohne Ticket wieder ab, weil der Zug bereits voll ist. Aber man ist ja "easy-drauf".
Wenn dann von Weitem der heranrollende Zug zu hören ist, bricht unter den Wartenden kurz Hektik aus und der Bahnsteig wird gestürmt. Dass dann noch mehrere Minuten bis gar Stunden vergehen, bis der Zug dann tatsächlich abfährt, bedarf aufgrund der fehlenden bolivianischen Effizienz keiner speziellen Erwähnung. Interessant ist auch, wie die Passagiere darüber informiert werden, wann und in welchem der Gepäckwagen das Reisegepäck zu verstauen sei: Nämlich gar nicht!
Aber wenn's dann zu regnen beginnt, geht plötzlich alles blitzschnell und Gepäck und Passagiere sind im Nu verstaut...
Bis sich dann allerdings die letzten Familienmitglieder und Freunde der einheimischen Passagiere von ebendiesen verabschiedet und den Zug verlassen haben, dauert's bestimmt bis zur Abfahrt. Einige müssen sich sogar aus dem fahrenden Zug stürzen, weil die Abschiedsszene einfach kein Ende nehmen wollte.
Die dreistündige Zugfahrt war dann recht komfortabel: verstellbare Sitze und DVD-Vorführung liessen in der "Salon"-Klasse (die mittlere der drei möglichen Klassen im "Wara-Wara"-Zug) kaum Wünsche offen. Wären da nicht die Rüttler gewesen, die das Fahrwerk erbarmungslos an die Insassen des Zugs weitergab, man hätte sich nicht in Bolivien vermutet.
Aufgrund der 2-stündigen Verspätung tauchte der Abend die Landschaft bereits langsam in ein dunkles Tuch, was für die fotographische Festhaltung der sehr schönen Umgebung eher etwas nachteilig war.
In "Tupiza" angekommen, warteten bereits die "Hunter" um die Touris für die verschiedenen Unterkünfte am Perron "abzugrasen". Manchmal sind die Jungs und Mädels dabei so engagiert, dass man sie fast nur noch mit Gewalt davon abhalten kann, einen ins angepriesene Lokal zu entführen :-).
Das Hotel "La Torre" war von LP (Lonely Planet, für die, die's immer noch nicht wissen ;-)) empfohlen und von uns, trotz Umbauarbeiten, ausgewählt und für gut befunden worden.
"Tupiza" gestaltete sich für uns als zarten Einstieg in die bolivianische Kultur. Von den wenigen Restaurants rund um den Stadtkern rühmten sich nicht weniger als vier italienischer Natur zu sein (wovon drei auch noch zur selben Kette gehörten). Man konnte also (oder man wurde beinahe dazu gezwungen) mit Pizza und Pasta den ersten kulinarischen Experimenten entfliehen und dem Durchfall-Teufel ein Schnippchen schlagen :-).
Die Stadt selbst hatte kein grosses Potential zu punkten. Wie anscheinend in jeder südamerikanischen Stadt gab's auch hier einen netten Park, hier mal in der Form einer "Plaza de Independencia", eine halbwegs hübsche Kirche und einen Mirador (Aussichtspunkt) der sich abzulichten lohnte. Ansonsten ist "Tupiza" eher für die Wild-West-Landschaft, die es am Besten zu Pferd zu erkunden gilt, bekannt.
Nachdem wir einen vergeblichen Versucht gestartet hatten diese Landschaft per Pedes auszukundschaften - laut Stadtkarte und Weganweisung der Hotelreceptionistin sind die Wanderwege ganz einfach zu finden... Pustekuchen, kein Mensch käme auf die Idee einem ausgetrockneten Flusslauf in die Wildnis zu folgen - wagten wir einen zweiten Versuch hoch zu Ross.
Auf den Rücken von "Negro" und "Tabacco", zwei von, laut Agenturflyer, "Tupiza's" stärksten und gesundesten Pferden, ging's dann geführt von "Marcelo" und in Begleitung von "Tamara" aus Belgien ab in den wilden Westen...
Vorbei an der "Puerta del Diabolo", einer "Tür" aus zwei bizarren, vertikalen Gesteinsplatten, im Trab-Galopp-Gemisch oder meistens im Bummel-Tempo zum "Valle de Machos", das seinen Namen wohl den phallusähnlichen Gesteinsformationen verdankt ;-), bis nach drei Stunden das "Valle sowieso", ein enges Tal, dessen Namen man sich schlecht merken kann :-), für die kurze Mittagspause erreicht war.
Zu diesem Zeitpunkt stand die Entscheidung über die Verlängerung der Tour von 3 auf 5 Stunden an. In einer schwachen Minute, und da der Hintern noch nicht genügend schmerzte, entschieden wir uns für die Fortführung der Tour.
Im Nachhinein, klar da ist man immer schlauer, hätten wir das wohl besser sein gelassen. Wir hatten uns, besser gesagt unseren Hintern und Oberschenkeln, den Pferden und unserem Führer, mit der Verlängerung einen Bärendienst erwiesen. Der Himmel begann sich bereits nach der Hälfte der Verlängerung dunkel zu verfärben und die Wolken schlossen sich zu einem grauen Deckel zusammen. Klar, dass es zu tropfen begann...
Anscheinend hatte Petrus aber noch anderweitig zu tun und so konnten wir tatsächlich nach fünf anstrengenden (zwei davon wirklich unnötige) Stunden trockenen Fusses von unseren Hafertraktoren absteigen und den Cowboyhut wieder an den Nagel hängen.
Ein weiteres Mal hatte sich gezeigt, dass Pferde, die ihren Dienst in Horse-Trekkings verrichten, erstens lahmarschig sind und zweitens einen Dickschädel haben, den man noch mit den fiesesten Sporen nicht dazu kriegen würde in Trab oder Galopp zu wechseln, wenn das der Reiter eigentlich wollte. So hatten wir also, menschlichen Balastsäcken gleich, quasi ohne Kontrolle über unser "Fahrzeug", fünf Stunden im Sattel gesessen und Muskeln malträtiert, von denen wir im Normalfall gar nicht wissen, dass sie existieren.
Neben Pizza essen, Pferden quälen und Fotos schiessen musste irgendwann noch Zeit gefunden werden um die Zeit zwischen Weihnacht und Neujahr zu verplanen. Denn der ängstliche schweizer Tourist denkt voraus und reserviert sich die gewünschten Unterkünfte für Zeiträume in denen eine Bettenknappheit zu erwarten ist. Allerdings ist die telefonische Reservation von Unterkünften eine recht knifflige Angelegenheit. Mittlerweile haben wir die Sprachbarriere soweit öffenen können, dass wir unsere Anliegen darunter hindurch schieben können und kommen somit kommunikationstechnisch recht ordentlich klar. Allerdings machen uns immer wieder die verflixten Telefonnummern das Leben schwerer als nötig. Es ist nicht immer leicht das mitunter verwirrende System von Vorwahlnummern zu verstehen. LP hatte uns wieder Mal auf den Holzweg geschickt und vergessen zu erwähnen, dass die Nummern der Hostels auf der "Isla del Sol", wo wir für Weihnachten ein Zimmer reservieren wollten, vom Typ "Celulares", also Mobiltelefon, sind (und die haben eben eine andere Vorwahl ;-)). So war nicht weiter verwunderlich, dass die verschiedenen Anrufversuche an Tonbandansagen hängen blieben, bis wir nach mehreren Besuchen im Internet-Cafe endlich auf den entscheidenden Hinweis stiessen.
Der verdutzte Leser wird sich jetzt wieder Mal fragen, warum wir nicht einfach Rat bei den Leuten im "Locutorio" (Telefonladen) eingeholt haben... Den Versuch hatten wir zwar gewagt (wir versuchen schon den Weg des geringsten Widerstands zu gehen), aber auf die Frage nach einem Telefonbuch nur den Zeigefinger Richtung Internet-Cafe als Antwort erhalten. Der Dienstleistungssektor in Bolivien ist also definitiv noch Ausbaufähig :-)!
Für die Weiterfahrt nach "Potosí" hatten wir uns am Busterminal rechtzeitig ein Ticket organisiert. Am Abfahrtstag standen wir auch rechtzeitig (also eigentlich viel zu früh) am entsprechenden "Gate". Die Geschehnisse, die dann folgten gibt's aber etwas später hier nachzulesen...
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