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Donnerstag, 31. Dezember 2009

Isla del Sol oder doch Isla de la lluvia?

Wir waren vorgewarnt worden, dass das bolivianische "Copacabana" seinem brasilianischen Namensvetter bei Weitem nicht das Wasser reichen könne, daher war's auf unserer Reiseroute auch nur Zwischenhalt zur "Isla del Sol".
Bis wir allerdings Fuss auf das kleine Eiland in Titicaca-See setzen konnten musste erst die Anreise überstanden werden.
Die 12-stündige Liegewagen-Fahrt nach "La Paz" war ein Klacks, keine Pannen und Überfälle, nada. Die Einfahrt nach "La Paz" ist übrigens überaus beeindruckend: nach der Durchfahrt durch "El Alto" öffnet sich neben der Strasse der Talkessel dieser Riesenstadt. Es scheint als hätte ein Riese seinen Sack Bauklötze ins Tal ausgeleert. Bis an den Rand des Kessels ist jeder Millimeter Boden, so scheint es, mit Gebäuden zugepflastert.

Trotz dieser überaus beeindruckenden Kulisse liessen wir die Stadt links liegen und bestiegen den nächsten Micro (Kleinbus) Richtung "Copacabana". Der 3-stündige Katzensprung wurde durch eine kurze Fährfahrt unterbrochen, da das bolivianische "Copacabana" durch Peru von seinem Heimatland quasi abgeschnitten und, ohne Grenzübertritt, nur auf dem Wasserweg erreichbar ist. Lustigerweise wurden Passagiere und Bus separat überwassert. Es hiess also am einen Ufer aus dem Bus raus in ein Boot umsteigen, hilflos zuschauen wie der Bus mit unserem Gepäck auf einen klapprigen Kahn verladen wurde und hoffen, dass sowohl Passagiere wie auch Bus heil am anderen Ufer ankommen.
Wir dürfen vermelden: alles gut gegangen!

Wie bereits erwähnt, wurde in "Copacabana" nur kurz genächtigt bis am nächsten Tag das erste Boot nach "Yumani" auf der "Isla del Sol" auslief.
Am Zielhafen angekommen, kaum den ersten Fuss auf die Inselerde gesetzt, geschweige denn einen ersten Blick auf die berüchtigte "Escalera del Inca" (Inkatreppe, für Nichtspanier :-)) geworfen, wird man gleich um die ersten Besuchsgebühren der Insel erleichtert (und es sind ganz sicher nicht die letzten Gebühren, die den Touris auf der Insel zur Brieftasche rausgezogen werden, versprochen...). Die nächste Prüfung folgt dann in Form der bereits erwähnten Inkatreppe. Bewaffnet mit knapp 18 Kilo tragbarem Kleiderschrank am Rücken und weiterem Gewicht vom Wundertütenrucksack an der Front, schleppt sich der Inselbesucher schwitzend und nach Luft japsend, immerhin liegt der Titicacasee auf gut 3800 Meter über Meer, die etlichen Stufen bis zur Unterkunft hoch. Die von den jungen Inselbewohnern angebotene Tragehilfe wird entweder mit einem gequälten Lächeln abgetan, oder aber bei Annahme beim Erreichen der Unterkunft fürstlich belohnt. Das erste Inselbier hat man sich nach der Plackerei mehr als verdient :-)...
Neben der Hilfe der jugentlichen Inselbewohner hätte man sich auch einen der äusserst zahlreichen Packesel schnappen und ihm die eigene Bürde aufbinden können. Allerdings will man sich ja nicht freiwillig um den Genuss des hart erarbeiteten, äusserst verdienten und darum umso besser schmeckenden Gipfelbieres bringen :-)...

Anstatt des gewohnten, traditionellen "Heilig Abend"-Festtagsschmauses, bestehend aus Suure Mocke mit Härdöpfustock oder Hamme mit Härdöpfusalat, bestand unser Festessen aus dem ebenfalls traditionellen Inselfood "Trucha" (bei uns bekannt unter dem Namen Forelle), in unserem Fall "al Ajo" also an Knoblauch (und das nicht zu knapp wohlgemerkt :-)). Die Geschenke-Bescherung fiel entsprechend den Umständen auch etwas bescheidener aus als in heimatlichen Gefielden und bestand mehrheitlich aus Gegenständen für den sofortigen Gebrauch, wie zum Beispiel den bekannten bolivianischen Zöttel-Mützen (nicht ganz unpraktisch bei den frostigen Nachttemperaturen im Hochland). Von weihnächtlicher Stimmung war auf der Insel allerdings nicht viel zu spüren, weder Weihnachtsbäume noch -männer und interessanterweise auch kaum Touristen. Wir hatten also vergebens gebangt und hätten unsere Unterkunft nicht panisch vorreservieren brauchen :-).

Nachdem uns das Wetter am Ankunftstag noch hold gewesen war, liess Petrus am nachfolgenden Tag die Muskeln spielen und schickte Schauerfront um Schauerfront über den Titicacasee. Wir waren beinahe soweit eine weitere Namensänderung zu beantragen. "Isla de la lluvia" (Regeninsel) oder "Isla de las nubes" (Wolkeninsel) sind nur zwei der Ideen, die an diesem verregneten Tag durch unsere Gehirnwindungen geisterten...

Glücklicherweise beschränkte sich Petrus Giessarbeit in den folgenden Tagen eher auf die nächtlichen Stunden und so konnten wir doch noch zur Inselerkundung aufbrechen. Die Insel ist mit Wanderwegen überzogen und kann vom Süden bis in den Norden zu Fuss durchquert werden, was wir auch beinahe vollständig ausgenutzt hatten. Beinahe nur deshalb, weil wir anhand der vorbeiziehenden, zum Teil bedrohlich dunklen Wolken kein sonderlich grosses Vertrauen in den Wettergott an den Tag legen wollten und lieber einmal zu früh den Rückweg angingen, anstatt als begossene Pudel am einen Ende der Insel zu enden und ein Heulkonzert veranstalten zu müssen.

Apropos Heulkonzert: Das für Südamerika typische Hundegebell und -geheul (wir nehmen's mittlerweile kaum mehr wahr) wurde auf der Sonneninsel durch eine interessante Komponente erweitert, denn die Esel scheinen mit ihren Brunftschreien gegen das Hundegebell um die akustische Vorherrschaft über die terrassierten Hänge der "Isla del sol" zu kämpfen! Das heisere Brüllen dieser starrköpfigen Zottelviecher hatte uns mehr als einmal ein breites Grinsen auf's Gesicht gezaubert, einfach goldig!!

Nachdem wir auf unserer Wanderung durch die schöne Landschaft der Insel in den Eukalyptuswäldern vergebens nach Koalas Ausschau gehalten und zur Genüge die herrliche Aussicht von der Terrasse unseres Hostels genossen hatten, uns ausserdem die eigentlich leckeren Truchas beinahe schon zu den Ohren rausquollen, uns also der Inselkoller eingeholt hatte, waren wir nach 4 Tagen doch zugegebenermassen etwas froh, das Boot Richtung "Copacabana" besteigen zu können. Beeindruckend war dabei, wie sich die Bolivianer meisterlich darauf verstehen Verkehrsmittel effizient zu nutzen. Das Boot schien eigentlich schon lange voll und trotzdem wollte die Menschenschlange am Steg nicht verebben... Wohlgemerkt, alle haben noch Platz gefunden, wie ist ein Rätsel :-)...
Trotzdem kamen wir, nach einem überflüssigen Stopp an gefakten (unechten) "Islas Flotantes" (schwimmenden Inseln, dazu mehr in einem späteren Eintrag) wohlbehalten in "Copacabana" an.

Am nächsten Tag sollte es per Reisebus weiter nach "Puno" in Peru gehen. Das ist allerdings eine andere Geschichte...

Dienstag, 29. Dezember 2009

Taxifahrt ins Dino-Land

Wir waren eine Gruppe von sechs Leuten, die sich quasi gleichzeitig auf den Weg zum Busterminal aufmachten. Unsere italienisch-kanadischen Mitreisenden hatten sich ein etwas ambitioniertes Reiseprogramm vorgenommen, wollten sie doch den 12:30 Uhr Bus nach "Sucre" nehmen, standen aber 5 vor Halb noch mit uns auf's Taxi wartend vor der Hosteltüre.
Ob's mit dem geplanten Bus noch geklappt hat, können wir leider nicht bestätigen, da uns unser Taxi nicht wie geplant zum Terminal brachte, sondern einige Meter vorher an der Haltestelle für Sammeltaxis auslud. Hier wurden wir von allerlei Taxi- und Busanbietern belagert, wobei sie sich gegenseitig preislich unter- und leistungsmässig überboten.
Wir liessen uns schlussendlich in einer schwachen Minute zu einer zweieinhalb-stündigen Sammeltaxifahrt überreden und stiegen zu zwei einheimischen Mitfahrgästen ein. Erst im Nachhinein, oder besser gesagt während der Fahrt, kamen uns Bedenken betreffend unserer Sicherheit...
Wie einfach wär's doch gewesen die Karre irgendwo ins Niemandsland zu kutschieren und uns ohne Geld und Rucksäcke einfach an Strassenrand stehen zu lassen... Es stellte sich dann aber heraus, dass Bolivien nicht nur von Halunken und Halsabschneidern bevölkert wird, denn wir kamen unversehrt in boliviens Hauptstadt "Sucre" an. Auch laut LP (Lonely Planet, man erinnere sich) war unser Taxi-Abenteuer nicht sonderlich gefährlich gewesen, es wurde auf jeden Fall nicht davon abgeraten (was allerdings in anderen Gebieten Südamerikas ganz klar nicht empfohlen wird; wir werden's uns merken!!).

Von unserem Sammeltaxi-Chauffeur wurden wir direkt vor der Tür unseres Hostels abgeladen. Allerdings nicht zu den ausgemachten 25 Bolivianos pro Person (entsprechen etwa 3.50 Franken; für eine 160 km Taxifahrt, nota bene), sondern, dank dem Haustürservice, für 5 Bolivianos mehr, was wir allerdings bereits erwartet hatten (die Erfahrung lehrt einen :-)).
Obwohl wir das Taxi-Abenteuer ohne finanziellen, materiellen und physischen Schaden überstanden haben, werden uns wohl keine 10 Pferde mehr auf den Rücksitz eines dieser Taxis bringen :-)...

Wie sich das für Hauptstädte gehört, bekommt auch "Sucre" pflegerisch und putztechnisch etwas mehr Aufmerksamkeit als die bolivianische Durchschnittsstadt. Entsprechend sind die Strassen etwas sauberer, die Fassaden der kolonialzeitlichen Gebäude etwas besser in Schuss und die Polizisten patroullieren ständig durch die Gassen, damit auch ja kein Touri ausgenommen wird. Also ein Ort, wo sich der sauberkeits- und sicherheitsverwöhnte schweizer Tourist sofort wohlfühlen kann, wären da nicht die mitunter sehr aufdringlichen Bettler und Schuhputzer, die keine Gelegenheit auslassen die hohle Hand auszustrecken, einem den Hut in die Lenden zu drücken oder mit Schuhwichse und Bürste bewaffnet Jagd auf Gore-Tex-Trekkinglatschen zu machen. Die Arbeitsweise der Bettler- und Schuhputzerkolonnen lässt zwangsweise den Verdacht aufkommen, dass da irgendeine Organisation die Fäden in Händen hält, die Bettler-Mafia lässt grüssen. So fällt es trotz Mitleid nicht ganz leicht den einen oder anderen Boliviano abzudrücken.

Abgesehen von dieser Plage ist "Sucre" aber einen Abstecher wert. Neben dem ausserordentlichen "Plaza 25 de Mayo" mit den bereits erwähnten wunderschönen Kolonialbauten, gibt's vom Aussichtspunkt beim "Café Mirador" einen super Ausblick über die Stadt. Bei himmlischen Mixtos (ein überaus leckerer Mix aus verschiedenen Fruchtsäften) und entspannter Lounge-Musik lässt sich hier ausgezeichnet das Backpacker-Leben geniessen und Cöry's Geburtstag feiern.

Wie in anderen Teilen der Welt, haben auch hier die Italiener ihre kulinarischen Fussspuren hinterlassen. In der Innenstadt war es beinahe schwierig etwas zwischen die Zähne zu bekommen, das nicht aus Pasta oder Pizza bestand.
Das "Café Joy Ride" kührten wir daher bereits nach dem ersten Besuch zum Favoriten, weil es neben dem obligaten Mafia-Food auch einheimische Spezialitäten, wie "Pique a lo Macho" (ein Pommes-Fleisch-Würstchen-Käse-Gemisch getränkt in Bratensauce, lecker wenn auch nicht sonderlich gesund :-)) zu futtern gab. Ausserdem gab's gratis Internet, was auch nicht zu verachten ist (so lassen sich hunderte Fotos quasi während dem Essen ins Netz hochladen). Das gestaltete sich erstens bedeutend bequemer als in einem stickigen Internet-Café und war obendrein erstaunlicherweise noch um einiges schneller...

Der Besuch im Dino-Park durfte natürlich auch nicht fehlen. Mit einem klapprigen Transfer-Gefährt ging's also in die nahe gelegene Mine der ortsansässigen Betonfabrik, wo vor Millionen von Jahren einige Dinos vorbeigeschlurft waren und so der Nachwelt nebenbei unbeabsichtigt mehr als 5000 Fussabdrücke hinterlassen haben. Ein gefundenes Fressen für den schweizer Archäologen Christian Meier (oder so ähnlich, sei anscheinend sehr bekannt...), der daraus einen Park mit Dinomodellen im Massstab 1:1 und dem Ausblick auf die imporante mehrere hundert Meter lange Wand mit den Fussabdrücken machte. Klar dass auch hier wiedermal ein Gringo-Bonus auf Transfer und Eintritt fällig wurde, ein Schweizer weiss ja wohl haargenau wie man Geld verdient :-)...

Für die Weiterfahrt via "La Paz" nach "Copacabana" war nach unserem Taxi-Abenteuer klotzen statt kleckern angesagt: wir hatten Sitze im Full-Cama-Bus (wie auf dem Tripp zu den Wasserfällen in Iguazú, man erinnere sich) gebucht, man gönnt sich la sonst nichts :-).

Montag, 21. Dezember 2009

Offroad zum "reichen Berg"

Da standen wir also zusammen mit drei anderen Touris, inmitten von in traditionellen Trachten gekleideten Müetis und anderen Einheimischen, am "Gate" Nummer 1 und warteten auf den eintreffenden Bus. Wie nicht anders zu erwarten, erreichten die Zeiger der Uhr irgendwann den eigentlichen Abfahrtstermin um 10:30 Uhr, aber vom Bus war noch weit und breit nichts zu sehen...
Das Mädel vom Schalter, wo wir die "Boletos" (Tickets) gekauft hatten, scheuchte uns auf einmal zu einem anderen Ticketschalter und erklärte uns, dass der Bus nicht kommen werde (Grund schien es keinen zu geben; vielleicht war's auch besser den Grund nicht zu kennen :-)). Wir wurden in einen anderen Bus umgebucht. Was würde das wohl für ein Gefährt sein? Wir hatten doch darauf bestanden einen Bus zu erhalten, der die Bezeichnung Langstreckenbus auch tatsächlich verdient, wo sich das Gepäck in einem Gepäckfach verstauen liess und nicht mit Seilen auf dem Dach festgezurrt werden musste...

Natürlich auch verspätet, kurvte so gegen 11:00 Uhr ein giftgrünes Gefährt vom Typ "Offroad-Doppeldeckerbus" der Gesellschaft "Chicheño Bus", einem Geländewagen gleich höhergelegt und mit Stollenwalzen beeindruckender Dimension bewaffnet, ins Terminal ein. Auf den ersten Blick machte dieses Reiseungetüm einen recht ordentlichen Eindruck. Das Gepäck konnte auch in einem Gepäckfach verstaut werden, was unsere Gepäckverlierensangst etwas besänftigte.
Wir durften also nach dem etwas chaotischen Gepäck-Einladeprozess (Effizienz ist definitiv keine Schlüsselqualifikation der Bolivianer) unsere Plätze im unteren Stockwerk des Busses in Beschlag nehmen und kurz darauf setzte sich unsere Geländewaffe in Bewegung.

Anscheinend gab's in diesem Bus neben der Touristenklasse, mit entsprechend einigermassen bequemen Sitzen, auch eine günstigere Alternative mit Stehplätzen. Auf jeden Fall bevölkerten einige Leute den doch sehr eng bemessenen Platz bei der Eingangstüre und auf der Treppe in den oberen Stock.

Der Bus war also losgerumpelt und bereits auf den ersten paar Metern wurde klar, warum des Buses Bodenfreiheit um einige Centimeter erweitert worden war. Die Fahrt über die überaus staubige Schotterpiste rüttelte die Insassen auch mit Geländefahrwerk gehörig durch. Die Fahrt sollte zirka 7 Stunden dauern und es war davon auszugehen, dass die Strasse über den ganzen Zeitraum in etwa gleicher Qualität bleiben würde. Das konnte ja heiter werden...
Das kleine Fenster, dass sich genau an unserem Platz befand, verschaffte uns zwar etwas erfrischende Zugluft, hatte aber den Nachteil ein hervorragender Staubfänger zu sein und uns innerhalb kürzester Zeit mit einer dünnen Schicht bolivianischem Anden-Schotterpisten-Staub zu panieren.
Der Bus hätte zwar eine Lüftung besessen, diese wurde aber wohl zur Schonung des Motors nicht eingeschaltet, was natürlich die Temperaur im Bus etwas in die Höhe schnellen liess.
Das war aber nicht weiter schlimm, da nach gut 2 Stunden bereits einen unplanmässigen Halt eingelegt wurde. Anscheinend war irgendeine Hydraulikleitung am rechten Vorderrad leck, auf jeden Fall hatten sich die beiden Busbegleiter-Jungs die überaus schmutzigen Reparatur-Overalls übergestreift (aha, die kamen wohl nicht zum ersten Mal zum Einsatz :-)) und waren mit Werkzeug in der Hand unter den Bus verschwunden...
Es hatte den Anschein als wäre dieses Problem nicht das erste Mal aufgetaucht, die Jungs schienen recht routiniert und hatten entsprechend alle Ersatzteile dabei. Die gute Vorbereitung der Jungs mag ja vorbildlich sein, aber trotzdem drängt sich die Frage auf, warum das überhaupt nötig ist... Nach zirka 20 Minuten war der Spuck vorbei und gerade als es zu regnen begann, konnte die Fahrt mit (hoffentlich) wieder funktionierenden Bremsen (oder was da sonst zu Bruche gegangen war) weitergehen.

Während der Mittagspause in einem kleinen Kaff, wurde dann wieder etwas unter dem Fahrzeug rumgebastelt. Dieses Mal schien es allerdings keine akute Diagnose zu geben, denn abgesehen von etwas Wasser kamen keine anderen Werkzeuge zum Einsatz.

Unser "Almuerzo" (Mittagessen) bestand aus Keksen und mitgebrachtem Wasser. Wir hatten einfach nicht genügend Mut versammeln können um uns in einen der "Comdedores" (eine Art Esssaal, wo's günstiges Essen gibt) reinzusetzen, uns ein Menu zu bestellen und unsere Verdauungstrakte auf die Probe zu stellen. Immerhin verblieben noch einige Stunden Fahrzeit bis nach "Potosí" und auf ein unfreiwilliges Schliessmuskeltraining konnten wir ohne weiteres verzichten. Dies umso mehr, weil der mittägliche Zwischenstopp auch für den Besuch eines "Baño publico" (öffentliches WC) verwendet und dadurch die Motivation für weitere Besuche auf öffentlichen Toiletten etwas gedämpft wurde. LP (Lonely Planet) beschreibt die öffentlichen Klos in Bolivien recht treffend folgendermassen: "Man braucht Humor - stinkende baños publicos gibt es in Hülle und Fülle. (...) Und auf jeden Fall sollte man die Luft anhalten können.". Kein weiterer Kommentar ;-)...

5 Stunden später holpperte unser zusammengeflickter Offroad-Doppeldecker im Busterminal in "Potosí" ein. Überraschenderweise war sogar unser Gepäck noch im Gepäckfach (wir hatten bis Dato schon verschiedentliche Schauermärchen über unterwegs (un)absichtlich ausgeladenes Gepäck gehört), allerdings hatte sich die Farbe unserer Rucksäcke schwer Richtung paniertes Schnitzel verschoben. Aber kein Problem, so passten sie wenigstens hervorragend zur Staub-Panade, die uns bedeckte. Eigentlich bedarf es keiner zusätzlichen Erwähnung, dass nach dem Gepäck-Einladeprozess auch der Ausladeprozess etwas an Effizienz zu wünschen übrig liess. Es dauerte auf jeden Fall eine gute Viertelstunde bis wir unsere staubigen Rucksäcke anschnallen konnten.
Zusammen mit einer Horde anderer Touris ging's dann per Taxi zum Hostel "Koala's Den", wo gleich die letzten verfügbaren Betten komplett gemacht wurden.

Das Hostel hatte mit Gratis-Internet, TV-Raum mit über 200 DVDs, Küche, 24h Heisswasser für die Duschen, Terrasse mit super Ausblick über die Stadt und netten Zimmern einiges zu bieten. Ausserdem war auch das, im Übernachtungspreis inbegriffene, Frühstück echt lecker. Also ein super Platz um einige Tage zu verweilen.

"Potosí", die, mit 4060 Metern über Meer, höchstgelegene Stadt auf diesem Planeten, hat ihr Dasein ganz alleine den Silberminen im "Cerro Rico" zu verdanken. Während der spanischen Kolonialzeit war "Potosí" eine der reichsten Städte der Welt. Dies dank Silbererz mit einem bis zu 85-prozentigen Silberanteil! Die Strassen waren beinahe mit Silber gepflastert...
Heutzutage arbeiten zwar immer noch 5000 Männer in den Minen, aber die Ausbeute ist um einiges geringer. Der Mineraliengehalt ist noch bei gut 15 Prozent und diese teilen sich auch noch in Blei, Zinn und Silber auf. Trotzdem verdient ein hart arbeitender Mineur mit 1500 Bolivianos im Monat (ca. 220 Franken) gut dreimal so viel wie ein Angestellter in einem Internet-Cafe (er wird allerdings auch entsprechend härter anpacken müssen).

Von den überaus harten Arbeitsbedingungen in den Minen konnten wir uns bei einer geführten Besichtigung selber ein Bild machen. Erst wollten wir uns diese "Begaffung" der armen Minenarbeiter zwar ersparen, da wir dachten, dass sich diese wie die Affen im Zoo vorkommen müssten. Da für die Minenarbeiter aber Geschenke wie Dynamit, Softdrinks und Koka-Blätter auf die Besichtigung mitgebracht werden und zudem ein Anteil der Einnahmen an die Mineure geht, entschlossen wir uns diese überaus eindrückliche Tour zu machen.
Wir wurden also mit Gummistiefeln, Überkleidern und Helm mit Lampe ausgerüstet und von "Efrain", dem englischsprachigen Führer auf Tour mitgenommen. Erst ging's zum "mercado de mineros" (der Strassenmarkt der Mineure) wo Dynamitstangen samt Zündern, Getränkeflaschen und Säcke mit Koka-Blättern für die Mineure eingekauft wurden.
Mit Säcken voller Sprengstoff bewaffnet ging's dann zur Mineralienraffinerie, wo die Verarbeitung des in den Minen gewonnenen Erzes gezeigt wurde.
Von da ging's dann den "Cerro Rico" hoch zum eigentlichen Highlight, den Minen. Die staubige Luft in den Minen kann Temperaturen zwischen unter Null bis zu über 40 Grad Celsius erreichen. Die Arbeiten, das Bohren der Löcher für den Sprengstoff, das Ein- bzw. Ausladen der Gesteinsbrocken in die Trolleys und der Transport der Wagen, werden, wie bereits vor hunderten von Jahren, vornehmlich von Hand ausgeführt, weil Hilfsmittel viel zu teuer sind. In den engen Gängen wird bis zu 10, 12 Stunden pro Tag geschuftet. Da jeder Mineur quasi für sich selber arbeitet, er verkauft das Erz über eine Kooperative an die Raffinerien, entscheidet er auch selber über die Dauer seiner Schichten.
In "Potosí" gibt's neben den Minen eigentlich kaum Alternativen für die einheimischen Männer, daher ist es auch keine Seltenheit, dass bereits 12- bis 15-jährige Jungs mit ihren Vätern in der Mine mitarbeiten (und dies dann auch bis zu ihrem Lebensende tun).
Zu sehen, wie diese Männer in gesundheitsschädlicher Umgebung körperliche Schwerstarbeit verrichten war schon eindrücklich. Einerseits ist es bewundernswert, wie sie diese Arbeit mit einer gehörigen Portion Humor verrichten, andererseits ist es traurig sehen zu müssen, dass heutzutage noch irgendwo solche Verhältnisse herrschen können...
Unsere Besichtigung wurde quasi mit einem Knall beendet. Eine Demonstrationssprengung (ausserhalb der Mine versteht sich :-)) durfte natürlich nicht fehlen um des Touristen Spektakellust zu befriedigen...

Die Stadt selber, mit ihren engen Gassen, hat einige hübsche kolonialzeitliche Gebäude zu bieten, hat aber ihren Zenith bereits überschritten. Die Strassen sind ausserdem beinahe rund um die Uhr mit Massen von Leuten vollgestopft, so dass man sich gelegentlich fragt, ob ausser den Mineuren eigentlich niemand arbeiten muss.

Auf den Strassen werden auch an diversen Ständen Fressalien angeboten. Nachdem wir aber von zwei deutschen Töff-Touris Durchfallgeschichten im Zusammenhang mit auf der Strasse erstandenen Hamburgern gehört hatten, war diese Alternative für uns quasi auch durchgefallen. Ausserdem gibt's im Stadtzentrum genügend kleine Restaurants, wo der Hunger auch günstig gestillt werden kann. Um es den Minenarbeitern gleich zu tun musste natürlich einmal eine Portion Llama-Fleisch am Gaumen vorbeigeführt werden. Die "Spuck-Tier"-Schnitzel hatten erstaunlich gut geschmeckt, daher müssen sich diese komisch guckenden Kameltiere jetzt auch vor uns in Acht nehmen!

Nach vier Tagen und Nächten Höhentraining in schwindelerregenden, atemberaubenden 4060 Meter, war die Zeit reif für die Weiterreise in tiefergelegene Gefielde. Wie das für Bolivien üblich ist, handelt es sich da aber über eine andere abenteuerliche Geschichte... Getreu nach dem Motto: "In Bolivien ist alles möglich, aber nichts sicher!"

Samstag, 19. Dezember 2009

Der zarte Bolivien-Start in Tupiza

Damit unser Bolivienabenteuer starten konnte musste natürlich erst ein Grenzübertritt durchgestanden werden. Die südamerikanischen Grenzbeamten hatten uns bisher in punkto Effizienz bisher eher etwas im Regen stehen lassen, daher hatten wir uns schon auf eine längere Geschichte eingestellt.
Mit dem Taxi ging's an den Grenzposten. Um den argentinischen Ausreisestempel zu erhalten, musste die lustige Grenzbeamten-Runde, die sich im Büro lachend unterhielt, gestört werden. Quasi ohne uns mit dem Ar... anzuschauen wurde uns der Stempel ins Heft gedrückt.
In Niemandsland zwischen Argentinien und Bolivien angekommen, schienen sich unsere Befürchtungen zu bewahrheiten, denn da wand sich eine lange Menschenschlange vor dem Zollbüro...
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass dies nur die Schlange für die Ausreise war (die Bolivianer scheinen nicht gern Leute aus ihren Land zu lassen). Also vorbeigeschlichen, den obligaten Einreisezettel ausgefüllt, Einreisestempel ergattert und schwupps waren wir auf bolivianischem Grund und Boden angelangt. Na, das ist ja einfach!

"Villazón" hiess das Grenzstädtchen-Pendant zum argentinischen "La Quiaca" und von hier sollte uns der Zug nach "Tupiza" bringen. Der "Wara-Wara"-Zug ist grundsätzlich dafür bekannt unpünktlich zu sein und er enttäuschte auch uns nicht. Bereits ohne Verspätung hätten wir bis zur planmässigen Abfahrt um 15:30 bereits 5 Stunden im Wartesaal des Bahnhofs verbracht. Mit der 2-stündigen Verspätung waren's dann entsprechen einige Minuten mehr.
Die Wartezeit war aber alles andere als Langweilig. Zuerst, natürlich viel zu früh, bevölkerten die "Angsthasen"-Touristen, die auf jeden Fall ein Ticket ergattern wollen, (wir zählen uns übrigens auch dazu ;-)) den Schalter. Die werden dann während dem Warten von bolivianischen Jungs belästigt, die irgendwas im Schilde zu führen scheinen (wir behielten unser Gepäck noch etwas genauer im Auge...). Nach und nach trudeln die Einheimischen im Wartesaal ein um ihrerseits Tickets zu kaufen. Einige beginnen Ess- und Trinkwaren oder Helados (Glace) an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Im letzten Moment (zumindest bei planmässiger Abfahrt) treffen auch noch die rastagelockten "Ach-ich-lass-es-mal-auf-mich-zukommen"-Touristen am Schalter ein und traben dann ohne Ticket wieder ab, weil der Zug bereits voll ist. Aber man ist ja "easy-drauf".
Wenn dann von Weitem der heranrollende Zug zu hören ist, bricht unter den Wartenden kurz Hektik aus und der Bahnsteig wird gestürmt. Dass dann noch mehrere Minuten bis gar Stunden vergehen, bis der Zug dann tatsächlich abfährt, bedarf aufgrund der fehlenden bolivianischen Effizienz keiner speziellen Erwähnung. Interessant ist auch, wie die Passagiere darüber informiert werden, wann und in welchem der Gepäckwagen das Reisegepäck zu verstauen sei: Nämlich gar nicht!
Aber wenn's dann zu regnen beginnt, geht plötzlich alles blitzschnell und Gepäck und Passagiere sind im Nu verstaut...
Bis sich dann allerdings die letzten Familienmitglieder und Freunde der einheimischen Passagiere von ebendiesen verabschiedet und den Zug verlassen haben, dauert's bestimmt bis zur Abfahrt. Einige müssen sich sogar aus dem fahrenden Zug stürzen, weil die Abschiedsszene einfach kein Ende nehmen wollte.

Die dreistündige Zugfahrt war dann recht komfortabel: verstellbare Sitze und DVD-Vorführung liessen in der "Salon"-Klasse (die mittlere der drei möglichen Klassen im "Wara-Wara"-Zug) kaum Wünsche offen. Wären da nicht die Rüttler gewesen, die das Fahrwerk erbarmungslos an die Insassen des Zugs weitergab, man hätte sich nicht in Bolivien vermutet.
Aufgrund der 2-stündigen Verspätung tauchte der Abend die Landschaft bereits langsam in ein dunkles Tuch, was für die fotographische Festhaltung der sehr schönen Umgebung eher etwas nachteilig war.

In "Tupiza" angekommen, warteten bereits die "Hunter" um die Touris für die verschiedenen Unterkünfte am Perron "abzugrasen". Manchmal sind die Jungs und Mädels dabei so engagiert, dass man sie fast nur noch mit Gewalt davon abhalten kann, einen ins angepriesene Lokal zu entführen :-).
Das Hotel "La Torre" war von LP (Lonely Planet, für die, die's immer noch nicht wissen ;-)) empfohlen und von uns, trotz Umbauarbeiten, ausgewählt und für gut befunden worden.

"Tupiza" gestaltete sich für uns als zarten Einstieg in die bolivianische Kultur. Von den wenigen Restaurants rund um den Stadtkern rühmten sich nicht weniger als vier italienischer Natur zu sein (wovon drei auch noch zur selben Kette gehörten). Man konnte also (oder man wurde beinahe dazu gezwungen) mit Pizza und Pasta den ersten kulinarischen Experimenten entfliehen und dem Durchfall-Teufel ein Schnippchen schlagen :-).

Die Stadt selbst hatte kein grosses Potential zu punkten. Wie anscheinend in jeder südamerikanischen Stadt gab's auch hier einen netten Park, hier mal in der Form einer "Plaza de Independencia", eine halbwegs hübsche Kirche und einen Mirador (Aussichtspunkt) der sich abzulichten lohnte. Ansonsten ist "Tupiza" eher für die Wild-West-Landschaft, die es am Besten zu Pferd zu erkunden gilt, bekannt.
Nachdem wir einen vergeblichen Versucht gestartet hatten diese Landschaft per Pedes auszukundschaften - laut Stadtkarte und Weganweisung der Hotelreceptionistin sind die Wanderwege ganz einfach zu finden... Pustekuchen, kein Mensch käme auf die Idee einem ausgetrockneten Flusslauf in die Wildnis zu folgen - wagten wir einen zweiten Versuch hoch zu Ross.

Auf den Rücken von "Negro" und "Tabacco", zwei von, laut Agenturflyer, "Tupiza's" stärksten und gesundesten Pferden, ging's dann geführt von "Marcelo" und in Begleitung von "Tamara" aus Belgien ab in den wilden Westen...
Vorbei an der "Puerta del Diabolo", einer "Tür" aus zwei bizarren, vertikalen Gesteinsplatten, im Trab-Galopp-Gemisch oder meistens im Bummel-Tempo zum "Valle de Machos", das seinen Namen wohl den phallusähnlichen Gesteinsformationen verdankt ;-), bis nach drei Stunden das "Valle sowieso", ein enges Tal, dessen Namen man sich schlecht merken kann :-), für die kurze Mittagspause erreicht war.
Zu diesem Zeitpunkt stand die Entscheidung über die Verlängerung der Tour von 3 auf 5 Stunden an. In einer schwachen Minute, und da der Hintern noch nicht genügend schmerzte, entschieden wir uns für die Fortführung der Tour.
Im Nachhinein, klar da ist man immer schlauer, hätten wir das wohl besser sein gelassen. Wir hatten uns, besser gesagt unseren Hintern und Oberschenkeln, den Pferden und unserem Führer, mit der Verlängerung einen Bärendienst erwiesen. Der Himmel begann sich bereits nach der Hälfte der Verlängerung dunkel zu verfärben und die Wolken schlossen sich zu einem grauen Deckel zusammen. Klar, dass es zu tropfen begann...
Anscheinend hatte Petrus aber noch anderweitig zu tun und so konnten wir tatsächlich nach fünf anstrengenden (zwei davon wirklich unnötige) Stunden trockenen Fusses von unseren Hafertraktoren absteigen und den Cowboyhut wieder an den Nagel hängen.
Ein weiteres Mal hatte sich gezeigt, dass Pferde, die ihren Dienst in Horse-Trekkings verrichten, erstens lahmarschig sind und zweitens einen Dickschädel haben, den man noch mit den fiesesten Sporen nicht dazu kriegen würde in Trab oder Galopp zu wechseln, wenn das der Reiter eigentlich wollte. So hatten wir also, menschlichen Balastsäcken gleich, quasi ohne Kontrolle über unser "Fahrzeug", fünf Stunden im Sattel gesessen und Muskeln malträtiert, von denen wir im Normalfall gar nicht wissen, dass sie existieren.

Neben Pizza essen, Pferden quälen und Fotos schiessen musste irgendwann noch Zeit gefunden werden um die Zeit zwischen Weihnacht und Neujahr zu verplanen. Denn der ängstliche schweizer Tourist denkt voraus und reserviert sich die gewünschten Unterkünfte für Zeiträume in denen eine Bettenknappheit zu erwarten ist. Allerdings ist die telefonische Reservation von Unterkünften eine recht knifflige Angelegenheit. Mittlerweile haben wir die Sprachbarriere soweit öffenen können, dass wir unsere Anliegen darunter hindurch schieben können und kommen somit kommunikationstechnisch recht ordentlich klar. Allerdings machen uns immer wieder die verflixten Telefonnummern das Leben schwerer als nötig. Es ist nicht immer leicht das mitunter verwirrende System von Vorwahlnummern zu verstehen. LP hatte uns wieder Mal auf den Holzweg geschickt und vergessen zu erwähnen, dass die Nummern der Hostels auf der "Isla del Sol", wo wir für Weihnachten ein Zimmer reservieren wollten, vom Typ "Celulares", also Mobiltelefon, sind (und die haben eben eine andere Vorwahl ;-)). So war nicht weiter verwunderlich, dass die verschiedenen Anrufversuche an Tonbandansagen hängen blieben, bis wir nach mehreren Besuchen im Internet-Cafe endlich auf den entscheidenden Hinweis stiessen.
Der verdutzte Leser wird sich jetzt wieder Mal fragen, warum wir nicht einfach Rat bei den Leuten im "Locutorio" (Telefonladen) eingeholt haben... Den Versuch hatten wir zwar gewagt (wir versuchen schon den Weg des geringsten Widerstands zu gehen), aber auf die Frage nach einem Telefonbuch nur den Zeigefinger Richtung Internet-Cafe als Antwort erhalten. Der Dienstleistungssektor in Bolivien ist also definitiv noch Ausbaufähig :-)!

Für die Weiterfahrt nach "Potosí" hatten wir uns am Busterminal rechtzeitig ein Ticket organisiert. Am Abfahrtstag standen wir auch rechtzeitig (also eigentlich viel zu früh) am entsprechenden "Gate". Die Geschehnisse, die dann folgten gibt's aber etwas später hier nachzulesen...

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Salt(z)a: Salta, Salzseen und gesalzene Preise

"Salta" erreichten wir etwas unvorbereitet, d.h. wir hatten uns noch keine Unterkunft ausgesucht. Daher liessen wir uns gleich nach dem Aussteigen aus dem Bus von einem der "Tourstenjäger" eines Hostels ein Bett für die Nacht aufschwatzen. Die Taxifahrt zum Hostel war bereits im Preis der Übernachtung inbegriffen (die 5 Minuten Fussweg hätten wir zwar auch noch geschaft, aber egal :-)), was bei dem günstigen Preis doch eher überraschte. Günstige Übernachtungspreise haben häufig einen Haken, hier in der Form eines einer Banane oder auch Badewanne gleichenden Bettes. Diese sind in Hostels zwar keine Seltenheit, aber dieses hier verdient schon eine extra Erwähnung, denn die Schaumstoffmatraze hätte in einem Horrorfilm mit dem Titel "Schaumi, die Mördermatraze" die Hauptrolle spielen können. Sie war so weich, dass sie einem beim Hinlegen fast vollständig verschluckte.

Nach einer überraschend erholsamen Nacht, war trotzdem ein Unterkunftswechsel angesagt. Bei Laura und Daniel in der "La casa de la linda" wurden wir herzlichst aufgenommen und über die nächsten Tage mit Ausflugs- und Restauranttipps eingedeckt.
Wir waren beinahe etwas traurig, als der Abschied nahte und wir uns aus dieser familiären Umgebung und von unseren liebgewonnenen Gastgebern loslösen mussten.
Aber halt, der Reihe nach!!

Den ersten Tag in einer neuen Stadt verbringt man in den allermeisten Fällen damit, sich mit der Umgebung bekannt zu machen, hier und da wird ein architektonisches Meisterwerk oder ein netter Park abgelichtet und man versucht sich die nächsten Tage des Aufenthalts zu verplanen. Wie bereits erwähnt halfen unsere Gastgeber bei zweiter Tätigkeit mit ihren Tipps tatkräftig mit und so waren die vier Tage im Nu verplant (wir hätten auch problemlos noch einige Tage länger bleiben können, uns wäre wohl nicht langweilig geworden...).

Nachdem Kathedrale, Kirche, Plaza 9 de Julio, Kloster, usw. im Kasten waren, ging's am zweiten Tag darum wieder etwas Bewegung in die müden Glieder zu bekommen. Da Salta's Hausberg, der "Cerro San Bernardo", durch schweizer Ingenieurskunst seilbahnmässig perfekt erschlossen war, beschränkten wir uns darauf den etwas weniger anstrengenden Rückweg zu Fuss hinter uns zu bringen und für den Aufstieg im Teleférico a la Garaventa Platz zu nehmen.
Der Ausblick über die Stadt erinnerte im entferntesten an das Panorama vom Gurten über die Stadt Bern, daher fühlten wir uns doch ein wenig zu Hause.

"Salta" konnte uns aber auch kulturell, beziehungsweise historisch, etwas bieten. Das MAAM (Museo de Arqueología de Alta Montaña) lockte mit der Entdeckungsgeschichte dreier Mumien selbst uns Museumsmuffel in seine vier Wände. Die drei Kindermumien waren auf dem Vulkan "Llullailaco" auf 6700 Meter Höhe gefunden worden und wir durften uns mit eigenen Augen überzeugen, wie gut das dortige Klima die Körper konserviert hatte. Beim Anblick dieser beinahe perfekt erhaltenen Mumien läuft's einem zwangsläufig kalt den Rücken runter. Echt gruselig, aber dennoch beeindruckend!!!

Die nähere (oder auch etwas weitere) Umgebung von "Salta" wartet mit diversen Sehenswürdigkeiten auf, daher war's beinahe unvermeidlich sich einer ganztägigen, geführten Tour anzuschliessen. Die "Salinas Grandes" waren die Hauptattraktion der als 12-stündige Tour angepriesenen Entdeckungsfahrt, die unser Intresse geweckt hatte. Leo, unser Fahrer und Guide, sollte uns und zwei weitere Neugierige für die nächsten Stunden nicht nur rumkutschieren, sondern gleichzeitig auch über landschaftliche und historische Geheimnisse der Umgebung aufklären.
Da er für die Bewältigung dieser durchaus als sehr anstrengend zu bezeichnenden Aufgabe auf die Unterstützung von Aufmerksamkeitssteigernden Sustanzen zurückgriff, kamen wir in den Genuss einer Gratiseinführung in das Ritual des Kokablätterkauens.
Keine Angst, Kokablätter sind zwar der Ausgangsstoff für die Herstellung von Kokain, aber das Kauen dieses bitter schmeckenden Grünzeugs hat absolut nichts mit dem Konsum von Drogen zu tun und macht auch nicht abhängig :-). Während dem Kauen wird dem Blätterbrei Sodium-Bikarbonat (besser bekannt unter dem Namen Backpulver) beigefügt um die Wirkstoffe aus den Blättern herauszulösen. Die beim ersten Mal zugegebenermassen etwas eklige Prozedur soll die Aufmerksamkeit steigern, das Hunger-Gefühl unterdrücken, die Atmung stimulieren und unempfindlicher gegen Temperaturschwankungen machen. Die andinen Völker verwenden daher Koka um die Auswirkungen der Höhenkrankeit zu lindern.
Ein richtiger Südamerika-Tourist darf sich dieses backen- und zungenbetäubende Experiment natürlich nicht entgehen lassen ;-). Man gewöhnt sich auch tatsächlich an den doch etwas eigenartigen, bitteren Geschmack und besorgt sich dann einen eigenen Sack Blätter und entsprechend etwas Backpulver...

Die Tour führte uns entlang der Geleise des berühmten und dadurch auch abartig teuren "Tren a las nubes" (Zug in die Wolken, für des Spanischen nicht mächtigen) in die Berge um "Salta". Die Besuche in den Pueblos (Dörfern) auf dem Weg zu den "Salinas Grandes" darf man wohl getrost als Lückenfüller bezeichnen, dienten sie doch vornehmlich entweder dem Besuch eines "Baños" (auch als Klo bekannt) oder der Mittagspause.
Die Landschaft, gesprenkelt mit allerlei Alpakas, Llamas, Guanacos, wilden Eseln, riesigen, über 120-jährigen Kakteen und den diversen Andengipfeln, war da schon eher einer Auslöserbetätigung würdig und liess die Digicams fleissig Bilder sammeln.

Auf dem Salzsee angelangt, wurde dann für die berühmten perspektivenverzerrten Bilder posiert (da werden Getränkeflaschen auf einmal so gross wie Menschen oder Leute scheinen auf ihren Sonnenbrillen zu sitzen, usw.). Muss ein lustiger Anblick gewesen sein, vier Leuten beim Rumturnen auf dem schneeweissen Salz zuzuschauen...

Auf dem Rückweg machte sich dann der etwas exzessive Kokablätter-Gebrauch unseres Fahrer-Guides bemerkbar. Während die Reisegruppe immer ruhiger wurde und einige langsam dem Land der Träume immer näher kamen, wurde Leo immer gesprächiger und zappeliger. Mitunter wurden wir über die Drogen- und Menschenschmuggelvorgehensweisen an der Grenze zwischen Bolivien und Argentinien aufgeklärt. Ausserdem wissen wir jetzt auch die Wahrheit darüber, wie "Che Guevara" ums Leben gekommen ist/sei. Der sei anscheinend nicht vom bolivianischen Militär mit Hilfe des FBI aufgespürt und exekutiert worden. Laut Leo sei er dem argentinischen Militär in die Falle gegangen (sein Grossvater sei als Sergant dabei gewesen) und erschossen worden. Um im eigenen Land keinen Aufruhr zu provozieren, habe man dann aber den Leichnam nach Bolivien "entsorgt" und den Bolivianern die Schuld für seinen Tod in die Schuhe geschoben...
KoKa-kauen scheint nicht nur hyperaktiv zu machen, sondern auch noch Verschwörungstheorien zu begünstigen :-)...

Nach 14 Stunden Tour, wovon nach Abzug der Mittagspause, der vereinzelten Pinkelpausen und den Stopps für Fotosessions, beinahe 12 Stunden reine Fahrzeit übrigblieben, waren wir heilfroh wieder in "Salta" angekommen zu sein und hatten vorerst genug von geführten Ganztagestouren....

In den letzten Wochen hatten wir uns "unnötigen" Balast in Form von Souvenirs angeschafft und da wir dachten das argentinische Postsystem dank unserer letzten Packetodysee durchschaut zu haben, entschlossen wir uns ein weiteres Packet in Richtung Heimat zu senden.
Wir hatten aber unsere Rechnung ohne besagtes, hinterlistiges Postsystem gemacht. Nachdem wir die Poststelle von "Salta" pünklich zur nachmittäglichen Türöffnung gestürmt hatten, wies uns ein hilfreicher Security-Typ darauf hin, dass Nachmittags keine internationalen Packete verschickt werden könnten. Der simple Grund: die Leute vom Zoll wären nur morgens da. Wir könnten aber morgen, morgens wieder kommen, wenn da nicht "Feriado", sprich Feiertag, wäre und Zollamt und Post geschlossen wären...
Da stach uns die FedEx-Filiale gleich am Ende des Blocks ins Auge und versprach Rettung in der Not. Dummerweise war gerade der Besitzer aufgrund wichtiger Bankgeschäfte nicht da, also mussten wir eine Stunde warten.
Nachdem der Typ dann doch noch aufgetaucht war, verbrachten wir eine weitere Stunde in seinem Büro, bis schlussendlich alle Papiere ausgefüllt und alle Formalitäten erledigt waren. Bei solch einer Ineffizienz erstaunt es dann auch nicht weiter, dass der Preis für das verschickte Packet etwas überhöht schien. Umso schlimmer, als dass der Wert des Inhalts des Packets schlussendlich tiefer ausfiel, als die Versandkosten... Aber egal, Hauptsache wir mussten keinen unnötigen Ballast mehr mitschleppen.

Nach fünf Tagen "Salta" war dann die Zeit reif für die Weiterreise Richtung Bolivien. Da keine Busse direkt über die von uns gewünschte Route nach Bolivien verkehren, war unser nächster Stopp das argentinische Grenzkaff "La Quiaca". Unseren vorerst letzten Halt in Argentinien erreichten wir nach 6 Stunden Busfahrt erstaunlicherweise eine Stunde früher als uns das der Fahrplan weiss machen wollte. Mal was anderes als immer nur zu spät kommen ;-).

Somit konnte unserem Abenteuer "Bolivien" nichts mehr im Wege stehen...

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Wüstenerlebnisse

"San Pedro de Atacama" hatten wir uns eigentlich als nächsten Stopp auf dem Weg in den Norden ausgesucht, allerdings entschieden wir uns die 24-stündige Fussaufquellungsfahrt nach 7 Stunden in "La Serena" zu unterbrechen. Wir wollten die kilometerlangen Strände sonnenbadend erkunden.
Das Wetter war uns zwar entsprechend hold, aber eine steife Brise hatte da noch ein Wörtchen mitzureden. Entsprechend war's etwas zu frisch für ein gepflegtes Sonnenbad, allerdings nur für uns europäische "Gfrörli", die Einheimischen plantschten munter in den doch eher als kühl zu bezeichnenden Fluten herum.
In der Hochsaison muss an den Stränden von "La Serena" die Hölle los sein, denn es reiht sich, ähnlich der "Costa Brava" in Spanien, Hotelbunker an Hotelbunker. Während unseres Besuchs glichen die Hotels eher Dinosaurieren, das heisst sie waren völlig ausgestorben.

Die Stadt selbst konnte uns, obwohl angeblich die zweitälteste Stadt in Chile (komischerweise sind beinahe alle bisher besuchten Städte mit diesem Attribut versehen :-)), nicht viel bieten. Hier und da ein Foto eines hübschen Gebäudes aus der Kolonialzeit geschossen, die längst fällige Wäsche in Auftrag gegeben und die riesige Shopping-Mall durchschritten und wir waren nach drei Tagen reif für die Weiterreise nach "San Pedro".
Wir verliessen also unsere überaus schnuckelige Unterkunft "Maria Casa" (mit den gelben Wänden, dem genialen Garten, "Don Quijote" als Eisenskulptur und der Möglichkeit zusammen mit Pancho eigene Lederschuhe herzustellen) um die restlichen 16 Stunden Busfahrt nordwärts anzutreten.

Die "Atacama"-Wüste ist angeblich die trockense Wüste auf unserem Planeten, was man sich bei der Ankunft in "San Pedro de Atacama" auf den ersten Blick gar nicht vostellen konnte. Grün war eindeutig die dominierende Farbe bei der Einfahrt in dieses Oasendorf. Beim Spaziergang durch die Strassen übernahm dann aber erwartungsgemäss braun konkurrenziert von etwas weiss die Vorherrschaft. Zwischen all den Lehmziegelhäusern wähnten wir uns in einem "Wild-West-Film" und warteten eigentlich nur darauf, dass Charles Bronson an der nächsten Strassenecke sitzend uns das Lied vom Tod spielen würde.

Beim genaueren Hinschauen konnte man dann aber feststellen, dass der Tourismus die Revolverhelden bereits aus der Stadt verscheucht hatte. In den Strassen reihen sich Restaurant an Tour-Agentur, nur unterbrochen durch die eine oder andere Hostel- bzw. Residencial-Eingangstüre. Man wundert sich, wo die Einheimischen ihre Quartiere haben.
Die Auswahl an leckeren und erstanunlicherweise sehr gepflegten Restaurants war beinahe unerschöpflich. Eigentlich komisch angesichts der Tatsache, dass rund um die Stadt nichts als Wüste zu finden ist.

Dank der Vielzahl an angebotenen geführten Touren ist es für den in Spendierhosen gekleideten Touristen ein Leichtes sein Geld an den Mann (oder die Frau) zu bringen. Da unsere Spendierhose durch das viele Waschen bereits etwas eingegangen und nicht mehr sehr angenehm zu tragen war, entschieden wir uns für die Budget-Variante der Umgebungsbesichtigung und machten uns zu Fuss und mit zwei Fahrrädern auf den Weg in die Wüste...

Laut Beschreibung auf der Strassenkartenkopie der Tourismusinformation sollte die "Salina Cejar" ganz einfach zu finden sein: einfach der Strasse Richtung "Toconao" für 7 Kilometer folgen, dann vor dem silbernen Generatorhäuschen rechts auf den Feldweg abbiegen und weitere 17 Kilometer abspulen. Wohlweisslich hatten wir uns mit genügend Wasser ausgerüstet, Proviant eingepackt, Sonnencreme eingeschmiert, Sonnenhut und -brille gesattelt, bevor wir unsere Pos in die Sattel drückten.

Tatsächlich fand sich, der Wegbeschreibung folgend, über Feld-, bzw. Sandwege holpernd, nach gut zwei Stunden strampeln, die gesuchte Lagune. Natürlich durfte auch hier der obligatorische Eintritt entrichtet werden (da gab's auch für Fahrradfahrer keinen Gesundheitsrabatt), bevor der Weg für die Fotosession frei war. Das Bad im Salztümpel wurde aus Motivations- und Badekleidermangel ausgelassen und stattdessen der Rückweg angetreten.

Die Sonne stand mittlerweile schon arg hoch am Himmel und machte gnadenlos von ihrer Muskelkraft Gebrauch. Ausserdem hatte sich das bei der Hinfahrt vorhandene kühle Lüftchen in die Mittagspause verdrückt.
Normalerweise reicht es um einen Rückweg zu bestreiten aus, einfach die Wegbeschreibung rückwärts zu lesen. Das gestaltet sich allerdings etwas schwierig wenn die beschriebenen Wegmarker partout nicht auftauchen wollen. Jedenfalls schien neben dem Lüftchen auch das Generatorhäuschen die Mittagspause angetreten zu haben.
Es stellte sich heraus, dass wir irgendwo im Nirgendwo eine Abzweigung der Sandstrasse verpasst haben mussten, denn plötzlich tauchten am Wegrand Barracken auf, die uns so garnicht bekannt vorkamen...

Glücklicherweise ist die Orientierung in der "Atacama"-Wüste dank der alles überragenden Andenkette vergleichsweise einfach, so konnte die Hauptstrasse zurück nach "San Pedro" nach einem kleineren Umweg wieder gefunden werden.
Die letzten Kilometer auf dieser geteerten Strasse hatten es, wie sich das für letzte Kilometer so gehört, dann noch etwas in sich. Wer schon mal eine längere Tour, per Pedes oder mit dem Velo gemacht hat, kennt vermutlich die Qual am Tourende, wenn man das Ziel schon von Weitem sieht und es, trotz grösster Anstrengung, einfach nicht näher zu kommen scheint. Dass in einem solchen Fall auch die mitgebrachten Flüssigkeitsreserven langsam zur Neige gehen, entspricht dann nur noch Murphy's Gesetz.
Das kühlende Bier nach der Ankunft in "San Pedro" war in diesem Fall mehr als nur verdient!!

Die "Atacama"-Wüste ist wegen ihrer Trockenheit und ihrer Lage der optimale Ort um den Sternenhimmel zu beobachten. Ein etwas verrückter Franzose namens "Alain" hat sich daher mitten im Niemandsland eine Art privates Observatorium eingerichtet, in dem er auch interessierten Laien den Nachthimmel näher bringt. Just während unserem Besuch in "San Pedro" hatte der Mann im Mond den Dimmer seiner Lampe bis zum Anschlag aufgedreht und uns einen Vollmond beschert. Aus diesem Grund waren bis zur letzten Nacht vor unserer Abreise keine Führungen möglich.
Quasi auf den letzten Drücker klappte es dann aber doch noch. Der Sternenhimmel an sich war schon eindrücklich, ihn dann aber noch durch die verschiedenen Teleskope entsprechend vergrössert zu beobachten war dann aber absolut der Hammer! Dazu kamen noch die überaus witzigen Erklärungen dieses französischen Astronomen und Hobbykomödianten. Das war mal eine Tour, die jeden Peso wert war!

Am darauffolgenden Tag war (einmal mehr) stundenlanges Busfahren angesagt. In zehn Stunden sollte der Weg über die Grenze nach "Salta" in Argentinien führen. Glücklicherweise dieses Mal am Tag, denn die Landschaft lieferte bergeweise Postkartenmotive. Von Mond- über Marslandschaften bis hin zu in beinahe allen Farben des Regenbogens schimmernden Gesteinsformationen wurde eine reiche Palette geboten.

Nachdem wir bereits beim Grenzübertritt von Argentinien nach Chile in 3000 Metern Höhe an den Fähigkeiten der Grenzbeamten gezweifelt hatten (man erinnere sich an die etwas lange Wartezeit auf dem "Paso de Libertador"), schwante uns angesichts der Tatsache, dass der angesteuerte Übergang dieses Mal auf über 4000 Meter über Meer gelegen sein sollte, nichts Gutes.... Auch die vor dem Bürogebäude abgestellten Busse liessen keinen Optimismus aufkommen. Als dann auch noch, nach erfolgreicher Stempelergatterung, der Bus hinter eine grosse, staubige Wellblechhalle gefahren und das Gepäck ausgeladen wurde, schien der Fall klar: stundenlanges Gepäckaus- und wieder einpacken...
Tatsächlich mussten auch die ersten paar "Verdächtigen" ihren tragbaren Wäscheschrank der Öffentlichkeit Preis geben.
Die argentinischen Grenzbeamten scheinen aber mit etwas weniger Arbeitsmotivation gesegnet zu sein, als ihre chilenischen Artgenossen (oder vielleicht lags auch einfach an der grösseren Höhe), die meisten Touris, uns eingeschlossen, wurden auf jeden Fall einfach durchgewunken (hatte wiedermal was Gutes zu den langsamen Bernern zu gehören ;-)).
Nach gut einer Stunde war der Spuk vorbei, der Weg frei und "Salta" konnte kommen...

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Iorana (Willkommen) auf der Osterinsel

Nach dem Ausflug nach "Valparaíso", war der Abstecher zu den Osterinseln nächster Programmpunkt auf unserer Südamerika-Liste. Nach der generalstabsmässigen Planung des Inselhopping-Tripps (man erinnere sich an die nicht ganz einfache Flugbuchung und die umständliche Unterkunfts-Buchung) konnte dem Besuch der Steinköpfe eigentlich nicht mehr viel im Weg stehen, würde man denken... Die Taxifahrt zum Flughafen gelang uns dieses Mal ohne nennenswerten Verlust an "Dinero" (Geld) und das Einchecken unseres Gepäcks nach vorgängig durchgeführtem Online-Checkin verlief auch reibungslos (wenn auch die Zeitersparnis durch "online" getrost als marginal bezeichnet werden kann). Allerdings stellte sich heraus, dass unsere Spanischkenntnisse noch nicht ganz über alle Zweifel erhaben sind. Die Dame am Checkin-Schalter hatte eine Bemerkung gemacht, dass es am Flughafen irgendwelche Probleme gäbe und es gar nicht sicher sei, dass der Flieger überhaupt abheben werde. Ganz Reise-Profis, ignorierten wir diese Bemerkung (oder besser gesagt, taten sie als Missverständnis unsererseits ab) und machten uns auf den Weg Frühstück einzufahren.
Der Schreck folgte etwas später, als wir uns, gewohnt mit knapp bemessenen Zeitreserven, zum Gate begeben wollten. Die Warteschlange vor den Sicherheits-Checks führte in drei Umgängen durch die halbe Checkin-Halle! Jetzt wurde auch klar, warum sich bei unserer Ankunft am Flughafen die Fernseh-Teams mit ihren Kameras bereit gemacht hatten. Es ging also weder um eine in "Santiago" ankommende Berühmtheit, noch waren die TV-Paparazzi an uns interessiert. Das Bodenpersonal des Flughafens hatte sich lediglich für seinen Streik genau unser Abflugdatum ausgesucht (da soll noch wer sagen, die Chilenen hätten nichts gegen uns :-))!
Unsere Nervosität steigerte sich von Minute zu Minute, da die auf dem Ticket angegebene Boarding-Zeit bedrohlich näher rückte und wir befürchteten nach dem ganzen Hin und Her im Zusammenhang mit dem Osterinsel-Ausflug nun doch noch den Flieger zu verpassen.
5 Minuten vor besagter Boarding-Zeit, immer noch mindestens 45 Minuten entfernt von der Sicherheitskontrolle in der Menschenschlange feststeckend, gelang es uns dann eine Angestellte der Fluggesellschaft mit unseren zu Fragen zusammengewürfelten Spanisch-Brocken zu bombardieren. Sie konnte uns zusichern, dass der Flieger auf alle Fluggäste warten würde. Unser Puls sackte gleich wieder in gesundheitlich vertretbare Regionen ab und wir konnten dem Treiben der Demonstranten beinahe mit Gelassenheit zuschauen. Obwohl, anderthalb Stunden in einer Schlange stehen macht auch nicht unbedingt glücklich...
Hätten wir die Warnungen der Dame am Checkin-Schalter richtig interpretiert, dann hätten wir uns vermutlich einige Wartezeit ersparen können.

Der Flieger war beinahe schon voll besetzt, als wir uns an den Flightattendants vorbei zu unseren Plätzen schlichen. Zum Glück waren wir aber nicht die letzten fehlenden Passagiere, sonst hätte sich wohl der Groll der bereits seit knapp einer Stunde sitzenden Passagiere auf uns anstatt das streikende Bodenpersonal konzentriert.
Mit einer einstündigen Verspätung hob der Flieger dann schliesslich doch noch Richtung "Rapa Nui" (der eigentliche Name der "Isla de Pascua" oder Osterinsel) ab.

Für 3'700 Kilometer bis zum Feriendomizil des Osterhasen benötige der Flieger gut fünfeinhalb Stunden. Der Abholdienst unserer Unterkunft hatte Geduld bewiesen und wir wurden, wie das in polynesischen Gefielden üblich ist, mit Blumenketten in Empfang genommen und zum "Residencial El Tauke" chauffiert.

LP (Lonely Planet) hatte sich wohlwollend über diese als günstig beschriebene Unterkunft geäussert und uns damit dorthin gelockt. Bereits beim Einchecken erwartete uns allerdings eine Überraschung. Der verlangte Preis für die Müffelbude von Zimmer war gut doppelt so hoch wie vom Reiseführer angegeben und das erst noch ohne Frühstück! Wenigstens war die Hausbesitzerin sehr nett und versorgte uns immer mal wieder mit Tee oder einem Früchtesnack.
Trotzdem ging uns nach kurzer Zeit die Enge unseres sardinenbüchsenähnlichen Doppelzimmers gehörig auf den Wecker und die rumkrabbelnden Achtbeiner machten den Aufenthalt auch nicht wirklich erträglicher.
Als uns dann noch ein deutscher Mit-Steinkopfgucker von seinem Hotel vorschwärmte, war die Zeit reif für einen Wechsel der Unterkunft. Allerdings hatten wir für sechs Nächte eingecheckt und wir wollten die überaus herzliche Hausbesitzerin nicht durch den tatsächlichen Grund unserer vorzeitigen Abreise kränken. Das war also unser Problem. Die Lösung fanden wir in einer kleinen Notlüge. Wir gaben also an aus finanziellen Gründen auf den Camping-Platz im Ort wechseln zu wollen. Sie reagierte erst mit Verständnis, als wir aber am Abend für unsere letzte Nacht in der Müffelbude eintrafen, wartete sie bereits im Hof vor unserem Zimmer.
Lügen haben bekanntlich kurze Beine und so sollte uns unsere kleine Notlüge bereits am selben Tag wie ein Bumerang wieder einholen.
Glücklicherweise war die einzige Möglichkeit der Kommunikation Spanisch und so konnten wir uns, im wahrsten Sinne des Wortes, dumm stellen und ihr Angebot, das Zimmer auch zum Preis eines Platzes auf dem Camping haben zu können mit "no entiendo" (ich verstehe nicht) ablehnen. Sie wird sich allerdings gefragt haben, warum wir von einem Tag auf den anderen plötzlich kein Wort Spanisch mehr verstehen konnten...

Es sollte sich anschliessend herausstellen, dass wir unsere Müffelbude gegen einen Schimmelpalast eingetauscht hatten. Geschieht uns recht!
Das auf den ersten Blick viel bessere und grössere Zimmer im "Residential Martin y Anita" enttäuschte beim genaueren Hinsehen mit verschimmelten Kopfkissen und ebenfalls müffeligem Geruch. Das hier im Preis inbegriffene Frühstück war zwar soweit OK, aber die abgelaufenen Butterportionen (zum Teil ebenfalls bereits etwas angeschimmelt) trübten auch diesen ersten Eindruck etwas.

So, aber fertig gejammert! Eigentlich waren wir bei unserem Besuch auf "Rapa Nui" eher vom Glück als vom Pech verfolgt. Es hatte laut Aussagen der Einheimischen vor unserer Ankunft seit drei Wochen mehr oder weniger ununterbrochen geregnet, aber just an dem Tag als unser Flieger den Boden der Insel berührte zeigte sich die Sonne von ihrer besten Seite. Und auch die restlichen Tage unserer Stippvisite auf der Insel konnten wir trockenen Fusses von Steinkopf zu Steinkopf gelangen. Lediglich nachts goss es teilweise wie aus Kübeln, was uns dann aber eher weniger in die Quere kam.
Besagtes Wetter war für die Auskundschaftung und fotografische Festhaltung der berühmten Steinköpfe überaus vorteilhaft. Die vorbeiziehenden Wolkenknäuel bildeten neben den saftig grünen Wiesen, dem kitschig blauen Himmel und den überaus beeindruckenden Steinköpfen postkartenreife Motive.

Die auf der ganzen Insel verstreuten Figruren lassen sich auf allerlei unterschiedliche Weisen erkunden. Wir setzten hauptsächlich auf Beinarbeit und leisteten uns als Ergänzung für einen Tag einen flitzigen Roller. Auf die kostenmässig etwas aufwändigeren Mittel wie Pferd, Auto und Fahrrad (zwei Fahrräder sind tatsächlich teurer als ein Roller) konnten wir so verzichten und trotzdem auch die auf der anderen Inselseite gelegenen Stätten auskundschaften.

Wie jeder Interessierte auf Wikipedia nachschlagen kann, ist bis heute nicht hinreichend geklärt, welche Bedeutung diese "Moai" genannten Steinskulpturen für die Inselbewohner hatten. Ein weiteres Mysterium ist auch die Frage, wie diese mehrere Tonnen schweren Gesteinsbrocken von ihrem Fertigungsort am Vulkan "Rano Raraku" an die verschiedenen Kultstätten auf der Insel transportiert wurden. Einige Inselbewohner behaupten gar, die Figuren wären jede Nacht einige Schritte selbst gelaufen. Schwer vorstellbar, denn die Figuren haben gar keine Beine ;-).
Der wohl beeindruckendste Ort auf der Insel, neben den verschiedenen "Ahus" (Altare mit den Moais) , ist der bereits erwähnte Vulkan "Rano Raraku", denn hier befinden sich mehrere hundert Steinköpfe, in allen Stadien des Herstellungsprozesses. Als wäre den Inselbewohnern von einem auf den anderen Tag die Lust am Herstellen der Steintypen vergangen. Die Jungs (es gibt anscheinend nur ganz wenige Steinweibchen ;-)) ragen hier in verschiedenen Winkeln kreuz und quer aus dem Boden. Das hat was von: "Bestellt aber nicht abgeholt".

Fertig Geschichtsstunde: Eigentlich reichen 3-4 Tage um das Besichtigungsprogramm abzuspulen, wir hatten also mit unseren 6 Tagen jede Menge Zeit. Zeit um sich zum Beispiel eines bedeckten Tages noch den längst fälligen Sonnenbrand zu holen (schon tausend Mal erlebt und doch durch die Erfahrung noch nicht schlauer geworden ;-)).

Da sich bereits die Anreise nicht ganz problemfrei gezeigt hatte, durfte dem natürlich auch die Rückreise in nichts nachstehen. Der Flieger sollte zur unchristlichen Zeit um 5:30 Uhr den Inselboden verlassen. Unser Hostel-Transferdienst wollte uns deshalb um 4:00 Uhr zum Flughafen kutschieren.
Anscheinend war aber bereits Abends klar, dass der ankommende Flieger (der uns dann beim Rückflug mitnehmen sollte) verspätet sei. Da aber die genaue Zeit nicht klar war, versprach unser Fahrer uns rechtzeitig zu wecken...
Rechtzeitig war in diesem Fall nicht die versprochene Stunde vor der Abfahrt (gemütlich Rucksack packen und evtl. sogar noch duschen), sondern lediglich ein paar Minuten bevor die nächsten Gäste am Terminal abgegriffen werden sollten. Da auch die Abflugzeit nicht ganz klar war, kam zum Morgengrauen noch etwas Hektik auf (und Hektik ist nun wirklich nicht die Stärke der "easy-going" Inselbewohner...).

Erstaunlicherweise hatte dann aber doch noch alles zeitlich irgendwie geklappt und wir sassen im (natürlich) verspäteten Flieger zurück auf's Festland nach "Santiago".