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Sonntag, 18. April 2010

Cowboys und Kaffeeklatsch

Unser eigentliches Ziel nach den "Inselferien" auf "Bocas del Toro" war
"Boquete" in den Bergen etwas südlich. Luftlinie wären das vermutlich
keine 60 Kilometer gewesen, nur existiert natürlich keine Strasse, die
direkt von "Bocas" nach "Boquete" führen würde. Der Umweg über "Davíd"
sollte laut LP gut und gerne sieben Stunden in Anspruch nehmen. Da
hätten wir uns viel zu früh aus den Federn zwingen müssen, daher
entschieden wir einen Zwischenstopp in "Davíd" einzulegen. Der Zufall
wollte es, dass gerade zu der Zeit die grosse internationale "Fería",
sprich Messe/Ausstellung, stattfinden sollte. Wir hatten schon damit
gerechnet Probleme bei der Suche nach einer Unterkunft zu haben, fanden
aber gleich beim ersten Anruf eine Bleibe für die nächsten paar Nächte.
Das "Purple House" war eine Empfehlung von LP, wir waren gespannt...

Um von "Bocas del Toro" nach "Davíd" zu gelangen, muss erst per
Schnellboot die Strecke bis zum Festland überbrückt werden. In
"Almirante" wäre dann einfach noch ein Bus in Richtung "Davíd" zu
besteigen und nach einigen Stunden still sitzen müsste das Ziel erreicht
sein.
Die Schnellbootstour bis zum Festland gestaltete sich noch einfach. Auch
den Weg vom Bootshaus bis zur Bushaltestelle wurde uns mit einem Taxi
leicht gemacht. Mit zwei grossen Rucksäcken einen Toyota-Minibus zu
besteigen sollte sich allerdings als etwas schwieriger herausstellen. Es
ging auf's Wochenende zu und wie erwähnt fand in unserer Destination
eine grosse Veranstaltung statt. Entsprechend waren die 25-plätzigen
Minibusse bereits bei der Ankunft an unserer Bushaltestelle gut gefüllt,
zudem sind auch in Panamá einige Leute mit dem Schnellzug durch die
Kinderstube gerauscht und haben das Vordrängeln zu einer Kunstform
entwickelt. Wir hatten bereits geschlagene zwei Stunden und etliche
Busse kommen und gehen sehen, als wir uns entschieden einen Umweg in
Kauf zu nehmen und einen (beinahe leeren) Bus in die entgegengesetzte
Richtung zu besteigen. Das sollte uns zwar zwei zusätzliche Stunden
Busfahrt bescheren, aber wir waren wenigstens endlich unterwegs...
Zwei Stunden später, bei der erneuten Durchfahrt der Bushaltestelle von
"Almirante", gesellten sich die mit uns angestandenen Einheimischen zu
uns in den Bus. Wir hatten zeitmässig also genau nichts gewonnen, dafür
eine zweistündige Sightseeingtour in den Nordwesten unternommen (zu
sehen gab's allerdings nichts interessantes ;-)) und das Bussystem der
Provinz finanziell unterstützt.

"Andrea", der Besitzerin des "Purple House", hatten wir unsere Ankunft
um 18:00 Uhr angekündigt, wir waren also von Zweifeln geplagt, ob unser
Zimmer bei unserer etwas verspäteten Ankunft um 21:00 Uhr immer noch für
uns reserviert sein würde. Wir hatten Glück und konnten unser
4-Bett-Privatzimmer mit semiprivatem Badezimmer in Beschlag nehmen.
Unter einem semiprivaten Badezimmer kann man sich schwerlich etwas
Konkretes vorstellen, oder? Im "Purple House" teilte man sich das
Badezimmer vom Typ "semiprivat" einfach anstatt mit 10 anderen nur mit
einer anderen Person (bezahlt aber den Preis für ein privates Bad, so
geht das :-)).
Nach der ersten Nacht konnten wir dann das 4-Bett-Privatzimmer in ein
Doppelzimmer umtauschen, wobei das "semiprivate" Badezimmer an uns
hängen blieb.

Bereits bei der telefonischen Reservation der Unterkunft hatten sich
Anzeichen einer bestimmten Schrulligkeit der Hausbesitzerin gezeigt.
Diese Anzeichen verstärkten sich in der "Live"-Auseinandersetzung mit
"Andrea" noch. Sie war zwar sehr hilfsbereit, man wurde aber zeitweise
nicht ganz schlau aus ihren Bemerkungen oder Reaktionen. Zwischendurch
hatte man beinahe das Gefühl, dass ihr die Gäste etwas auf den Senkel
gingen. Das war aber vermutlich einfach eine Fehlinterpretation
unsererseits von "Andrea's" Mimik und Gestik :-)... Die Chefin passte
auf jeden Fall prächtig ins ebenfalls sehr schrullige "violette Haus",
das bis in den hintersten Winkel durch die Farbe "Violett" bestimmt war.
Wände, Vorhänge, Ventilatoren, Bettgestelle, Hängematten, Duschvorhänge,
einfach alles war hier "violett", man(n) wurde den Eindruck nicht los im
geheimen Hauptquartier einer internationalen Feministinnen-Bewegung
gelandet zu sein :-).

Die Stadt "Davíd" ist zwar die zweitgrösste Stadt Panamá's, hat
allerdings, abgesehen von der brütenden Hitze die hier herrscht, nicht
sonderlich viel Sehenswertes zu bieten. Unser Glück war, dass gerade die
internationale "Fería" die Stadt in ein Bienenhaus verwandelte. Die
ganze Sause fand ausserdem nur wenige Blocks von unserer Bleibe entfernt
statt, also war ein nächtlicher Besuch unumgänglich (tagsüber ist es in
"Davíd" einfach unerträglich). Beim Schlendern durch die mit allerlei
Verkaufsständen, Bars und Discos gesäumten Strassen vor dem
Ausstellungsgelände wähnte man sich augenblicklich an der heimatlichen
"BEA"! Da bekam man beinahe etwas Heimweh ;-)...
Das Heimweh wurde beim Betreten des Ausstellungsgeländes noch verstärkt.
Da wurden neben Kühen, Schweinen und anderem Getier, jede Menge
Pflanzen, Traktoren, Bagger und Landmaschinen in jeder Form und Farbe
feilgeboten. Die kleinen, aber feinen Unterschiede liessen aber keinen
Zweifel aufkommen, dass man sich noch immer in Zentralamerika befand.
Die Pferdeschau wurde von breitkrempig behuteten Cowboys ausgetragen,
wobei der Preisrichter im breitesten texanischen Akzent seine Urteile
über die Gäule abgab. Als Nichtlatino wurde man aus der Anordnung der
verschiedenen Stände ausserdem nicht ganz schlau, da sich das Ganze
keiner Logik zu unterwerfen schien. Das chaotische Durcheinander kam uns
beinahe etwas "spanisch" vor ;-).

Vom "Heimweh" getrieben machten wir uns nach ein paar Tagen auf in
Richtung Berge, an unser eigentlich angestrebtes Ziel "Boquete". Mit
einem ausrangierten US-amerikanischen Schulbus ging's in einer
einstündigen Busfahrt in die Kühle des auf knapp tausend Metern
gelegenen "Bergdorfs" (mit 24h Supermarkt ;-)).
Nachdem wir unser Parterezimmer im "Hostel Boquete" paranoiabedingt
gegen eines im ersten Stock eingetauscht hatten, mussten wir nur noch
auf besseres Wetter warten, denn Petrus hatte uns eine Auswahl seiner
ausdauerndsten Regenwolken geschickt.

Die erste Pause im Regenintervall nutzen wir für den für "Boquete"
absolut unausweichlichen Besuch einer Kaffeeplantage. Von "Carlos",
unserem mit jeder Menge Humor gesegneten Tourguide, wurden wir in alle
Geheimnisse der Kaffeeproduktion eingeweiht. Erst wurden wir durch die,
einem Urwald gleichende (hohe Bäume als Schattenspender und
verschiedenste Fruchtbäume um die Vögel vom Fressen der Kaffeefrüchte
abzuhalten, clever!), Plantage geführt, wo wir den ganzen Prozess von
der Kaffeebohne, über den Setzling bis zum reife Früchte tragenden
Kaffeestrauch und die Ernte dessen Bohnen (von Hand!!) anhand der Praxis
erklärt bekamen.
Panamá produziert zwar verhältnismässig kleine Mengen Kaffee, diese
allerdings mit höchster Qualität. Gründe (sprich ungeröstete) Bohnen vom
Typ "Geisha" werden für mehr als 200 Dollar das Pfund in alle Welt
verkauft (geröstet wird dieser Kaffee dann für mehr als das Doppelte
verkauft!). Am anderen Ende der Skala treibe sich dann der Instantkaffee
à la "Nescafe" herum. Laut "Carlos" wird dieser in "Boquete" als
"No-es-cafe" (frei übersetzt: "Nicht-ist-Kaffee)) bezeichnet, da er aus
Bohnen minderer Qualität, also "Abfallbohnen" hergestellt wird. Da sich
unter diesen Bohnen mitunter auch die eine oder andere wurmstichige
findet, sei "Nescafe" der einzige Kaffee, der als Eiweissquelle dienen
könne :-).
Von der Plantage ging's in die Kaffeefabrik, wo die noch fehlenden der
insgesamt nicht weniger als 16 Schritte der Produktion der grünen Bohnen
(also des noch ungerösteten Kaffees) erklärt wurden. Von der Schälung
aus der Beere, über die Trocknung und Sortierung bis zur Verpackung und
Lagerung wurden wir über alle Schritte aufgeklärt.
"Cafe Ruíz" exportiert nur grüne, also ungeröstete Bohnen. Für den
einheimischen Markt wird allerdings auch gerösteter Kaffee hergestellt.
Da konnten wir uns dann auch überzeugen, dass der Röstprozess nur ein
sehr kleiner Teil der Kaffeeproduktion ist und sich daher die Italiener
wohl etwas zu unrecht als "Maestros" des Kaffees bezeichnen. Sie haben
zwar den Röstprozess perfektioniert, aber wenn die weitaus aufwändigere
Produktion der Bohnen nicht funktioniert, lässt sich auch nichts
Vernünftiges rösten.
Natürlich durfte nach der Tour die obligate Degustation nicht fehlen
(wobei hier im Gegensatz zu Weindegustationen nicht die ganze
CurryUndJan-Reisegruppe gleich begeistert teilnahm ;-)). Trotzdem konnte
auch ein ungeübter Kaffeetrinker die Unterschiede der verschiedenen
Röstarten und natürlich der verschiedenen Kaffeesorten erschmecken.
Als Fazit der Degustation: Je länger Kaffee geröstet wird, desto weniger
Geschmack und mehr Bitterstoffe enthält das daraus resultierende Gebräu.
Ausgestattet mit je einem Pfund "Cafe Ruiz" wurden wir ins hauseigene
Kaffeestübchen entlassen. Natürlich musste hier eine Tasse des teuersten
Kaffees der Welt, genannt "Geisha", versucht werden. Für schlappe 15
Dollar durften wir unseren Geschmackssinn einem doch sehr speziellen
Kaffeeerlebnis aussetzen (der schmeckt ja nach Zitrone...).

Die für den nächsten Tag geplante Roller-Tour in der näheren Umgebung
fiel erneut Petrus' Launen zum Opfer. Stattdessen vertieften wir unsere
Nasen, in einem "Starbucks"-Verschnitt sitzend, in unseren Büchern.
Einige Reiseteilnehmer sollen sich bisher noch nie so ausgiebig mit
dieser Art von Unterhaltung auseinandergesetzt haben ;-)...

Nach diesem Tag Pause sollte es dann aber am Abreisetag doch noch mit
der Scooter-Tour klappen. Zwar waren uns unsere Führerscheine bei der
Hotelzimmerausräumaktion in Costa Rica (man erinnere sich an Räuber
Hotzenplotz und seine Gesellen) unfreiwilligerweise abhanden gekommen,
aber unser Hotelchef, der zugleich auch Roller vermietete, sicherte uns
zu, dass wir keine Probleme haben würden. Wenn uns ein
"Freund-und-Helfer" wider Erwarten auf die Pelle rücken sollte, könnten
wir ihm seine Nummer angeben, er würde alle Polizisten der Gegend
bestens kennen :-).
Mit dem etwas zerbeulten und zerkratzen Gefährt vom Typ "Pfupfer" bzw.
"Stinker" ging's also auf zur Erkundung der Umgebung. Das Fahrwerk
unseres "Geschosses" schien bei einem letzten Zwischenfall etwas aus der
Bahn geworfen worden zu sein, auf jeden Fall hatte die Lenkung einen
akuten, rückenversteifenden Rechtsdrang. Trotzdem fanden wir unseren Weg
sicher durch die Haarnadelkurven, Steigungen und Abfahrten der kurvigen
Bergstrassen, vorbei an Wasserfällen, atemberaubenden Aussichtspunkten
und den in "Boquete" im Überfluss vorhandenen Villen bzw. "Gated
Comunities". "Boquete" ist bei ausländischen Rentnern aufgrund seiner
Lage und des angenehmen Klimas als Alterswohnsitz äusserst beliebt. Da
sich gewisse Leute aber im Alter und dann noch im Ausland fürchten, hat
ein findiger Immobilienhai diese "Gated Comunities" erfunden. Das sind
quasi eigene kleine Dörfer umgeben von einem hohen Zaun, wo sich die
wohlhabenden ausländischen Renter beschützt und ohne Angst ihrem
Lebensabend widmen können.
Unsere Fahrt hatte den Benzinhunger unseres Gefährts kräftig angeregt,
also musste vor der letzten Etappe eine Tanksäule aufgesucht werden. Zur
Auswahl gab's zwei verschiedene Benzinarten. Wir entschieden uns für 91
Oktan und liessen bis zum Rand des Tanks auffüllen. Dummerweise liess
sich aber anschliessend unserem "Pfupfer" kein Wank mehr entlocken (ups,
hatten wir die falsche Wahl getroffen?). Nachdem auch noch die
Starterbatterie wegen den vielen Startversuchen das Zeitliche gesegnet
hatte und sich ein kleiner Benzinrinnsal am Motorgehäuse entlang
Richtung Boden schlängelte, war definitiv klar, dass irgendetwas nicht
stimmte (wohl kaum die falsche Benzinsorte). Zum Glück waren wir nicht
weit vom Hotel entfernt und wurden innerhalb weniger Minuten mit einem
Ersatzgefährt ausgestattet.
Nach dem Besuch im "Mí jardín es tu jardín" (oder zu Deutsch: mein
Garten ist dein Garten), einem riesigen, schönen und gepflegten
Blumengarten war die nähere Umgebung zu Ende erkundet und wir machten
uns auf den Rückweg nach "Davíd", ins liebgewonnene "Purple House".

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